Editorial

geschrieben von Regina Girod

20. Mai 2019

Am 26. Mai wird in der EU ein neues Europaparlament gewählt. Der Ausgang dieser Wahlen wird das Leben von Millionen Menschen auf dem Kontinent beeinflussen. Nationalistische, europafeindliche, rassistische und offen faschistische Kräfte wollen den Aufwind, den sie in vielen Ländern bereits genießen, in möglichst viele Parlamentssitze ummünzen. Extrem rechte und nationalistische Parteien schmieden schon jetzt neue Bündnisse, um ihre Positionen im neuen EU-Parlament wirksamer durchzusetzen.

Das verlangt eine entschiedene Gegenwehr aller demokratischen Kräfte. Antifaschistische Organisationen und Vereinigungen, die bereits seit langem international vernetzt sind, haben in den letzten Monaten ihre Zusammenarbeit intensiviert und gemeinsame Aktionen vorbereitet.

»Wir können gewinnen, wenn wir gemeinsam in ganz Europa drei Fahnen hissen: die der Einheit, die der Freiheit, die der Gleichheit«, schreibt Carla Nespolo, Präsidentin unserer italienischen Partnerorganisation ANPI auf Seite 3 dieser Ausgabe. »Nur ein soziales, geeintes und modernes antifaschistisches Europa kann die Schatten der Vergangenheit aus Gewalt, Chauvinismus und Expansionismus besiegen.«

Die Tatsache, dass in Italien bereits Faschisten an der Regierung beteiligt sind, wirkt anziehend auf Reaktionäre aller Couleur, sich dort zu treffen und zu verbinden. So fand unlängst in Verona das weltweit größte antifeministische und homofeindliche Netzwerktreffen von Politikern, Lobbyisten, Verbänden, Zivilgesellschaft und staatlichen Institutionen, der »Congress of Families« statt. Wir berichten darüber auf Seite 22.

Dass es nicht nur in der deutschen Nachkriegsgesellschaft an politischem Willen mangelte, Kriegsverbrechen aufzuklären und juristisch zu ahnden, zeigt das Beispiel der südfranzösischen Gemeinde Oradour, in dem die SS vor 75 Jahren ein schweres Massaker verübte. Claudia Wörmann-Adam beschreibt in ihrem Beitrag den schwierigen Umgang der französischen Gesellschaft mit elsässischen SS-Tätern.