Ein mahnendes Gewissen

geschrieben von Gerald Netzl

20. Mai 2019

Zum 70. Jahrestag des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer in Österreich

 

Der Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen ist mit 4.000 Mitgliedern die größte NS-Opferorganisation in Österreich. 2019 begeht er das Jubiläum seines 70-jährigen Bestandes. Aus diesem Anlass zieht der Bund mit der Vorlage einer umfangreichen Organisationsgeschichte Bilanz über seine bisherigen Aktivitäten. Die Gründergeneration rekrutierte sich aus dem Kreis sozialistischer Widerstandskämpfer- und kämpferinnen gegen Austrofaschismus (1934-1938) und Nationalsozialismus (1938-1945) – mittlerweile übernahmen nachfolgende Generationen die Erinnerungskultur und das leider noch immer notwendige Engagement gegen aktuelle Erscheinungsformen von Rechtsextremismus und Geschichtsrevisionismus.

»Niemals vergessen! Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen 1949 – 2019«, Wien: ÖGB Verlag 2019. 232 S. - fest geb.: € 29,90

»Niemals vergessen! Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen 1949 – 2019«, Wien: ÖGB Verlag 2019. 232 S. – fest geb.: € 29,90

Die Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer gaben durch ihre persönlichen Lebensgeschichten Zeitzeugenschaft für die Barbarei des Faschismus und waren in der Erinnerungsarbeit unersetzbare moralische Instanzen. Zu diesem Aufgabenbereich zählen Schaffung und Aufmerksamkeit für die Pflege von Gedenkorten und -stätten. Gemeinsam mit den anderen Opferverbänden (KZ-Verband, ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich sowie Israelitische Kultusgemeinde Wien) fiel dem Bund im ständigen Bemühen um die Verbesserung der Opferfürsorge eine wichtige sozialpolitische Funktion zu. Als Teil der Sozialdemokratie war der Bund ein mahnendes Gewissen innerhalb der SPÖ; umso wichtiger wurde diese Stimme immer dann, wenn das unkritische Buhlen um ehemalige Nationalsozialisten die Oberhand zu gewinnen drohte. Als Erziehungsorganisation prägte der Bund Generationen sozialdemokratischer Politiker wie Bundeskanzler, Ministern und Ministerinnen und Parlamentariern, die Mitglied waren und sind. Dadurch gab es offene Ohren und Unterstützung in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit bzw. bei der Umsetzung von Projekten.

Auch bei allen Auseinandersetzungen mit dem Neonazismus in verschiedenen Perioden der Zweiten Republik waren die Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen stets zur Stelle. Viele großartige und unvergessene Persönlichkeiten bestimmten und repräsentierten die Politik des Bundes – stellvertretend sei hier die ehemalige Blockälteste von Ravensbrück, Rosa Jochmann, die von 1949 bis zu ihrem Tod 1994 den Vorsitz führte, genannt.

Das »Niemals vergessen!« bleibt nach wie vor aktuell und ist auch die Triebkraft der Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen bei allen Aktivitäten, da nur mit gesichertem historischem Bewusstsein neue Tendenzen der Gefährdung von Demokratie erkannt und erfolgreich bekämpft werden können.

Der Jubiläumsband wird von einem dokumentarischen, reich illustrierten Teil von Originaltexten und Faksimiles aus der viermal im Jahr erscheinenden Zeitung »Der sozialdemokratische Kämpfer« geprägt, die ein anschauliches und authentisches Bild der vielseitigen Tätigkeit vermitteln. Dazwischen sind erläuternde historische Exkurse eingeschoben und der Schlussteil ist der Präsentation der einzelnen Landesverbände des Bundes vorbehalten. Mauthausen-Schwur und Mauthausen-Vermächtnis bilden den Abschluss des Buches.

Bert Brecht sagte »Die Schwachen kämpfen nicht. Die Stärkeren kämpfen vielleicht eine Stunde lang. Die noch stärker sind, kämpfen viele Jahre. Aber die Stärksten kämpfen ein Leben lang. Diese sind unentbehrlich.«

www.freiheitskaempfer.at

www.rosajochmann.at