Kein Grund zur Entwarnung

geschrieben von Janka Kluge

26. Juli 2019

Die Kommunalwahlen im Westen

Neben der Europawahl fanden in verschiedenen Bundesländern Kommunalwahlen statt. Gewählt wurde in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Bei allen Wahlen ergibt sich folgendes Bild: Sowohl die CDU, als auch die SPD haben einen massiven Stimmverlust zu verbuchen. Trotz aller Skandale um nicht deklarierte Spenden und Kontakten von führenden Mitgliedern der AfD ins neonazistische Lager konnte die Partei Stimmen dazu gewinnen. Allerdings waren die Gewinne der AfD bei der Europawahl überall deutlich höher, als bei den Kommunalwahlen. Daraus lässt sich folgern, dass viele Menschen, die die AfD bei der Europawahl gewählt haben, den Kandidaten und Kandidatinnen auf kommunaler Ebene keine Kompetenz zugesprochen haben. Trotzdem sind die Ergebnisse alarmierend.

In Baden-Württemberg konnte die AfD die Zahl ihrer Mandatsträger von 28 auf 120 steigern. Sie blieb aber mit 5,5 Prozent deutlich unter den Ergebnissen anderer Bundesländer. Lediglich in Pforzheim wurde die AfD mit 15,5 Prozent stärkste Partei. Bemerkenswert ist noch das Ergebnis von Stuttgart. Die alte AfD-Fraktion hatte sich im Laufe der Amtsperiode zerstritten und in der Folge gespalten. Unter dem Namen »Bündnis Zukunft Stuttgart 23« traten die ehemaligen AfD-Politiker erneut an – und wurden von den Wählern abgestraft. Lediglich 0,3 Prozent stimmten für sie. Die AfD trat in Stuttgart mit neuen, unbekannten Kandidaten an und kam trotzdem knapp über 6 Prozent. In Pforz-heim wurde die AfD mit fast 15 Prozent zweitstärkste Partei hinter der CDU. Obwohl sie in der Goldstadt die Stimmen von etwas über 100.000 auf über 200.000 verdoppeln konnte, führte das durch die höhere Wahlbeteiligung nicht zu einer prozentualen Verdoppelung. Auch in Mannheim erzielte die AfD mit 9,2 Prozent ein Ergebnis, das deutlich über dem Landesdurchschnitt lag.

In Rheinland-Pfalz ist es der AfD gelungen das Ergebnis von 3 Prozent im Jahr 2014 auf 8,3 zu steigern. Ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielt die Partei dabei in Ludwigshafen. Bereits 2014 lag die Partei in der Stadt deutlich über dem Schnitt. Hatten 2014 fast 3800 Menschen die Partei gewählt, waren es 2019 doppelt so viele. Das sie sich prozentual nicht verdoppelt haben, lag an der deutlich höheren Wahlbeteiligung. Trotzdem kamen sie von 8 auf 13,5 Prozent. In den Städten Kaiserslautern und Pirmasens war die AfD 2014 nicht angetreten. Trotzdem erzielte sie in beiden Städten mit 10,7 und 12,5 Prozent ein Ergebnis, das über dem Landesschnitt liegt. Darunter liegt Mainz mit 5,3 Prozent.

Im Saarland konnte die AfD zwar einen Stimmenzuwachs von 2,9 Prozent erzielen, blieb aber mit insgesamt 5 Prozent deutlich unter den Erwartungen. In der Stadt Saarbrücken schnitt die AfD etwas besser ab als im Landesdurchschnitt. Bedenklich wird es, wenn man sich das Ergebnis etwas genauer anschaut. Im Wahllokal Grundschule Füllengarten bekam die AfD 20.8 Prozent und wurde damit drittstärkste Partei. Bei den Kreistagswahlen konnte die AfD einen Zuwachs von über 20.000 Stimmen erzielen. Lediglich die Grünen lagen mit einem Zuwachs von mehr als 37.000 Stimmen darüber.

Erschreckend ist allerdings auch das Abschneiden der NPD. Vor 5 Jahren bekam die NPD bei den Kommunalwahlen im Saarland 2 Prozent. Obwohl die Partei eigentlich kurz vor der Bedeutungslosigkeit steht, erhielt sie jetzt immer noch 0,5 Prozent der Stimmen. In einigen Gegenden sogar fast 1 Prozent. Dass die Wähler genau wussten, wen sie wählen, zeigt sich daran, dass die NPD mit 0,4 Prozent fast ein identisches Wahlergebnis bei der Europawahl erzielte. Natürlich kann man sagen, dass 0,5 Prozent eine Größe ist, die nicht beachtet werden muss. Es sind aber trotzdem Stimmen für eine Partei, die aus ihrer Nähe zum Nationalsozialismus keinen Hehl macht.

Bei den Kommunalwahlen zeigte sich, dass das Abschneiden der AfD von zwei Faktoren beeinflusst war. Überall dort, wo konsequent gegen die AfD demonstriert und Stellung bezogen wurde, hat sie weniger Stimmen bekommen. Auch wenn die Demonstrationen nicht das Wahlverhalten der AfD-Anhänger ändern, prägen sie die Stimmung in einer Stadt mit. Außerdem hat die höhere Wahlbeteiligung dazu geführt, dass die AfD trotz Stimmenzuwachses nicht in gleicher Höhe prozentual gewachsen ist. In einigen Kommunen konnte die AfD nicht genügend Interessierte finden, die bereit waren, für die Partei zu kandidieren, was zu dem Ergebnis führte, dass Sitze, die der Partei eigentlich zugestanden hätten, nicht besetzt werden konnten.