Die »Liberazione« gefeiert

29. Juli 2019

Gespräch mit Anna von der ANPI – Berlino-Brandenburgo

antifa: Anna, du bist Mitglied der ANPI – Berlino-Brandenburgo. Was ist das für eine Organisation?

Anna: Im Frühjahr 2018 hat sich eine Gruppe von acht italienischen Menschen entschlossen, eine Sektion der ANPI in Berlin-Brandenburg zu gründen. Der Verband ANPI (Associazione Nazionale Partigiani d’Italia), ist der Verband der Partisaninnen und Partisanen Italiens und repräsentiert die Frauen und Männer, die im Kampf gegen den Faschismus und die nationalsozialistischen Besatzungstruppen standen und mit Hilfe der Alliierten Italien am 25. April 1945von der Diktatur und der Besatzung befreit haben. Heute gehören der ANPI auch all jene an, die es für richtig und notwendig halten, die Erinnerung und die Werte des Antifaschismus und des Widerstandes weiterzutragen. Mittlerweile ist unsere Gruppe auf über 40 aktive Mitglieder angewachsen. Sie unterstützen den Verband mit einem jährlichen Mitgliedsbeitrag und nehmen an unseren monatlichen Treffen teil. Dort diskutieren wir unsere zukünftigen Aktionen und Projekte. Während unserer Aufbauarbeit haben sich um uns herum eine Menge Sympathisanten versammelt, denen wir Informationen, wie unseren Newsletter zukommen lassen und die uns bei verschiedenen Gelegenheiten unterstützen. Insgesamt haben wir festgestellt, dass es in Berlin ein hohes Interesse und Organisationspotential bei italienischen Berlinerinnen und Berlinern gibt.

antifa: Eine eindrucksvolle Entwicklung für eine Gruppe die sich erst vor anderthalb Jahren konstituiert hat! Wo seht ihr eure Handlungsfelder und was wollt ihr erreichen?

Anna: Ein wichtiger Grund für uns war das Wahlergebnis der letzten italienischen Parlamentswahlen, bei denen die Rechte massive Zugewinne erzielte. Für uns ist dies ein alarmierendes Zeichen für die Instabilität demokratischer, antirassistischer und antifaschistischer Werte. Werte, wie sie eigentlich in der italienischen Verfassung festgeschrieben sind. Wir möchten denjenigen Italienerinnen und Italienern eine Stimme geben, die die Werte von Inklusion und Demokratie auch im Ausland hochhalten wollen. Unsere hauptsächliche Zielgruppe sind also italienische Menschen in Berlin, die sich antifaschistisch organisieren und betätigen wollen. Doch als Europäer wollen wir unsere Politik nicht in einer italienischen Blase betreiben, sondern auch mit anderen deutschen antirassistischen und antifaschistischen Organisationen, Vereinen und Initiativen Berlins in einer europäischen Perspektive zusammenarbeiten.

antifa: Inwiefern kann der antifaschistische Diskurs in Deutschland von Eurer Perspektive profitieren?

Anna: Der Fall Riace hat die besondere Tragik der italienisch-europäischen Situation aufgezeigt. Ein erfolgreiches inklusives Projekt mit geflüchteten Menschen, das die lokale Wirtschaft und das kulturelle Leben wieder erweckt hat, wurde auf Grund von rassistischer Engstirnigkeit und gegen den Willen der Bevölkerung durch die neue Regierung torpediert. Nun soll am rechtmäßigen Bürgermeister, Domenico Lucano, ein Exempel statuiert werden. Das wollen wir verhindern. Momentan sehen wir unsere dringlichste Aufgabe darin, über den Fall Riace zu informieren und internationale Kontakte zu knüpfen. Dass das funktionieren kann, hat unser Befreiungsfest am 25. April gezeigt, an dem auch eine Gruppe Geflüchteter teilnahm die den Fall Riace vorher nicht kannte.

antifa: Kannst du mehr von dem Befreiungsfest erzählen?

Anna: Unser Fest vom 25.April, an dem wir die Befreiung Italiens vom Faschismus gefeiert haben, war tatsächlich unsere erste öffentliche Veranstaltung. Wir waren ziemlich überrascht von der hohen Beteiligung. Ich glaube, es waren um die 200 Leute unterschiedlicher Nationalität und mit verschiedenen politischen Hintergründen da. Das hat uns gezeigt, wie groß das Interesse wirklich ist und bestärkt uns, weiter zu machen – nächstes Jahr gibt es die »Festa della Liberazione« definitiv wieder. Wir möchten der Berliner VVN-BdA auch für ihre Hilfe danken. Ohne ihre Unterstützung wäre das Fest so nicht möglich gewesen. Daneben waren wir dieses Jahr zusammen mit der Berliner VVN-BdA auf Demos, wie der Gewerkschaftsdemo am 1.Mai, oder der »Ein Europa für Alle«-Demo in Berlin. Außerdem waren wir auch beim Fest zum 9.Mai im Treptower Park vertreten.

antifa: Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus?

Anna: Wir wollen natürlich weiter wachsen und noch mehr in Berlin lebende Italienerinnen und Italiener integrieren und bei uns organisieren. Gleichzeitig wollen wir mit noch mehr zivilgesellschaftlichen Organisationen in Kontakt kommen.Was künftige Veranstaltungen anbelangt, befinden wir uns momentan in der Ideenphase, aber die Beschäftigung mit Riace wird mindestens bis zum 25. April 2020 unser inhaltlicher Schwerpunkt bleiben. Zudem planen wir auch Projekte mit deutsch-italienischen Schulen in Berlin, um die Bedeutung des Widerstandes bei jüngeren Generationen lebendig zu halten.

ANPI – Berlino-Brandenburgo organisiert regelmäßig Besuche an wichtigen Orten des Widerstandes in Berlin (Museen, Denkmäler, etc.). Dazu sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Informationen und Kontakt über:

Website (http://www.anpi-berlino.eu/) via Mail (anpi.berlinobrandeburgo@gmail.com) oder über Facebook (https://www.facebook.com/ANPIBerlinBrandenburg/).

Die Fragen stellte Florian Gutsche