Fehlendes Vertrauen

geschrieben von P.C. Walther

9. August 2019

Bei der Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichts sprach Bundesinnenminister Seehofer von einer »hohen Gefährdungslage«, die »ausgesprochen besorgniserregend« sei. Mit 24.100 habe die Zahl der Rechtsextremisten einen »neuen Höchststand erreicht«. Allerdings lag die Zahl der Rechtsextremisten schon im Jahr davor bei 24.000. Nur galt sie da nicht als besondere Bedrohung.

Bereits mit seinen Zahlen hält der Verfassungsschutz auch jetzt an seinem Weltbild fest, dass die größte Gefahr von links droht. Den 24.100 Rechtsextremisten folgt die Zahl von 32.000 »Linksextremisten«. Bekanntlich zählen dazu Antifaschisten und Nazigegner, wie auch z.B. Straßensperren gegen Naziaufmärsche als »linksextreme Gewalt« gelten.

Andererseits – und auch das ist kennzeichnend für VS-Berichte – werden bei den Rechtsextremisten jene in der AfD, bei Pegida sowie jenen in den rechtsextremen Netzwerken bei Polizei und Bundeswehr, nicht mitgezählt. Sie tauchen nicht auf.

Anders dagegen bei den »Linksextremisten«. Hier fallen z.B. die »Klimaproteste im Hambacher Forst« oder die Kohlegegner von »Ende Gelände« unter »linksextremistisch motivierte Straftaten«. Und Proteste gegen den türkischen Antidemokraten Erdogan und dessen Militäraktionen im nordsyrisch-kurdischen Afrin gelten ebenfalls als »linksextremistisch«.

Zahlen und Darstellungen in den VS-Berichten sind deshalb äußerst kritisch zu betrachten. Die ständige Gleichsetzung von Rechts und Links ist nichts anderes als die Verharmlosung der Gefahren von rechts – ungeachtet des Mordes an Walter Lübcke und den über 190 Toten, die auf das rechte Konto gehen. Es fällt schwer, den Verantwortlichen, die jahrelang das Ausmaß der Bedrohungen von rechts missachtet haben, nunmehr zu glauben, dass sie konsequent gegen Rechts handeln. Dennoch sollten wir sie beim Wort nehmen. Nur überlassen dürfen wir ihnen den Kampf gegen Rechts nicht. Den müssen alle führen.