Bastionen gegen Rechts erhalten

4. Oktober 2019

antifa-Gespräch mit Heinz Ratz von der Band »Strom und Wasser«

antifa: Wie bist du auf die Idee gekommen, für soziokulturelle Zentren und Jugendhäuser in Sachsen Spenden zu sammeln?

Heinz Ratz: In Sachsen, Thüringen und Brandenburg – dort finden in diesem Jahr Wahlen statt und die Prognosen sagen voraus, dass die rechten Parteien erneut triumphieren werden. Wenn man sich ausrechnet, dass die mittlerweile in Sozialausschüssen, Kulturgremien, Kommunalparlamenten mit erheblicher Einflussnahme sitzen, kann man sich vorstellen, wie sie ihren Kampf gegen eine weltoffene, basisdemokratische, selbstverwaltete Soziokultur führen: nämlich mit dem Einfrieren von Fördergeldern, mit der Kündigung von Sozialarbeitern, mit der Überprüfung von Brandschutzbestimmungen. Ich habe einfach nach den Orten gesucht, die den wichtigsten Widerstand gegen eine immer faschistischer und rassistischer denkende Gesellschaft darstellen: und das sind eben die selbstverwalteten Jugendhäuser und soziokulturellen Zentren.

Heinz Ratz

Heinz Ratz

antifa: In dem Aufruf heißt es, dass diese Zentren oft die letzte Bastion gegen rechts sind. Ist die Situation wirklich so dramatisch?

Heinz Ratz: In den Städten geht es meistens noch, aber in ländlichen Gebieten ist das durchaus dramatisch. Zu der Landflucht vieler Jugendlicher und vieler junger Familien kommt eben diese neue politische Entwicklung hinzu. Und wenn so ein Jugendhaus, ein soziokulturelles Zentrum erstmal zumachen musste, dann macht es so schnell nicht wieder auf und dann steht da eine Neonaziszene bereit, die mittlerweile auch in Erziehungsberufe drängt, die Ferienfreizeit organisiert, die überall auch ihre eigenen Häuser mit ihren eigenen Konzerten anbietet, die also einen gut organisierten Kampf um Jugendliche führt und die ein neues weltanschauliches Zuhause für all diejenigen verspricht, um die sich keiner kümmert. Das wird von den Medien und der Politik völlig unterschätzt.

antifa: Ihr wollt 1 Million Euro sammeln. Ist das Ziel schon erreicht?

Heinz Ratz: Nein. Wir nähern uns jetzt der 100.000 EUR Marke – haben aber noch bis zum 31.03.2020 Zeit, dann endet das Projekt. Die Million wäre sicher erreicht, hätten wir mehr Unterstützung seitens der Medien, der Parteien, der Stiftungen, der Wirtschaft, der Gewerkschaften oder auch der Musikindustrie, die sich eigentlich um die Spielorte kümmern sollte, aus denen ihre Bands kommen. Aber – noch – sind wir ziemlich auf uns allein gestellt und dafür sind die 100.000 Euro schon ganz gut.

antifa: Für welche Zwecke soll das Geld genutzt werden?

Heinz Ratz: Erste Spenden gingen an das Haus Siebenhitze nach Greiz und den Freiraum in Pößneck, die werden das vorwiegend für Brandschutzmaßnahmen und bauliche Bedürfnisse gebrauchen. Weitere Spenden sollen nach Ostritz, Grimma und Cottbus gehen – zum Teil auch baulich verwendet, oder um das Gehalt von gekündigten Sozialarbeitern weiter zu zahlen, oder für eine neue Tontechnik. Auch die große Demo um den Erhalt der ältesten Berliner Jugendzentren Lotse und Drugstore haben wir mit 1.000 Euro unterstützen können.

antifa: Wie können euch unsere Leser und Leserinnen unterstützen?

Heinz Ratz: Sie können das auf sehr unterschiedliche Art tun. Sie können uns mitteilen, wo ein Jugendhaus, wo die Soziokultur in Not ist. Sie können uns in ihre Stadt einladen, damit wir das Projekt dort mit einem Konzert vorstellen können. Sie können aber auch z.B. eine Party veranstalten, um Geld für das Projekt zu sammeln oder von sich aus Unternehmen, Parteien etc. anschreiben, damit die auch mal eine größere Spende geben. Sie können sich aber auch selbst lokal für ihr Jugendhaus engagieren oder einfach in Kontakt mit uns treten.

Mehr Informationen unter www.offensivbuero.de

Spenden zur Unterstützung an:

BOK // Büro für Offensivkultur

IBAN DE30 2105 0170 0091 0546 84

BIC NOLADE21KIE · Förde Sparkasse. Stichwort: »Eine Million«

 

Die Fragen stellte Janka Kluge