Für Rosa und die anderen

geschrieben von Thomas Neuhold

8. November 2019

Auf Initiative des KZ-Verbands erweitert Salzburg das Frauen-Mahnmal

Es wäre der 100. Geburtstag von Rosa Hofmann gewesen. Am 27. Mai dieses Jahres wurde im Salzburger Stadtteil Maxglan das Memorial für Frauen im Widerstand gegen das NS-Terror-Regime seiner Bestimmung übergeben. Tatsächlich wurde die junge Kommunistin Rosa Hofmann nicht einmal 24 Jahre alt. Sie bezahlte ihren Einsatz für Frieden, Demokratie und Sozialismus mit dem Leben. Der bereits 1947 errichtete Gedenkstein für Rosa Hofmann bildet die Grundlage für das neue Frauenmemorial, das an 18 widerständige Frauen unterschiedlichster Weltanschauung erinnert. Die Initiative zur Neugestaltung ging vom KZ-Verband/VdA Salzburg aus, der insbesondere auch auf die Schicksale jener Frauen aufmerksam gemacht hatte, die als »Rote« einfach abgeholt und ohne Verfahren hingerichtet wurden. Die Denkmalerweiterung und die Ausschreibung dazu basierten auf einem Mehrparteienantrag im Gemeinderat (SPÖ,ÖVP, Grüne, NEOS, Liste SALZ).

Zu den vom KZ-Verband genannten Kommunistinnen hat schließlich die Kulturabteilung der Stadt Salzburg gemeinsam mit dem Stadtarchiv weitere widerständige und ermordete Frauen genannt. Deren Ehrung auf dem Denkmal, das die Kommunistin Rosa Hofmann als Basis hat, war im KZ-Verband nicht ganz unumstritten. Vor allem die Nennung von Olga Hekajllo führte zu Debatten, war diese doch die Cousine des austro-faschistischen Kanzlers Kurt Schuschnigg. Hekajllo wurde wegen des Hörens von ausländischen Sendern denunziert, dann wegen Hehlerei verhaftet, deportiert und im KZ Ravensbrück ermordet. Letztlich entschied sich der Vorstand des Salzburger KZ-Verbands mit großer Mehrheit für die Nennung Hekajllos auf dem Mahnmal. Eines der zentralen Argumente: Stellt man die Widerständigkeit von Olga Hekajllo wegen ihres Verwandtschaftsverhältnisses zu Schuschnigg in Frage, übernehme man das Sippenhaftungsdenken der Nationalsozialisten.

Die niederösterreichische Künstlerin Iris Andraschek hat die Namen, Lebensdaten und den Ort der Ermordung durch die Nazis auf eine gewölbte Leinwand aus armiertem Kunststein graviert, die zugleich einen fokussierenden Hintergrund für den Rosa-Hofmann-Gedenkstein bildet. Als Schrift wählte Andraschek die »Friedländer«, die von der1936 emigrierten jüdischen Kalligraphie-Künstlerin Elizabeth Friedländer entworfen wurde. Ergänzt wird das Mahnmal durch eine eigene Postkartenserie. Je eine Karte widmet jeder der ermordeten Frauen ein eigenes Gedenken und gibt poetisch und assoziativ Hinweis auf deren Leben oder Wohnorte.

In ihrer Ansprache anlässlich der Denkmalsübergabe zog Karin Hofer für den Salzburger KZ-Verband Parallelen zur heutigen politischen Situation. Sie erinnerte daran, dass die Nazis die Macht nicht von einem Tag auf den anderen übernommen haben: »Der Nationalsozialismus fiel nicht vom Himmel. Er baute auf – auf gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen und auf verankerten Denkmustern. Und natürlich war die Verelendung der Menschen in der Zwischenkriegszeit ein fruchtbarer Boden.

Die Tatsache, dass wir heute in Österreich von einer solchen Verelendung weit weg sind, sollte uns nicht zu sehr beruhigen. Zukunftsängste und Abstiegsängste können ein genauso fruchtbares Substrat für Sündenbock-Ideologien sein. Wollen wir heute etwas gegen diese Ängste tun, gilt es vor allem, für soziale Sicherheit zu sorgen. Die Macht übernommen haben die Nazis in Deutschland auch nicht putschartig. Das war vorbereitet durch ein gezieltes Infiltrieren von Strukturen: Strukturen des Sicherheitsapparats, Strukturen der Finanz und der Wirtschaft, der Medien. Und die Denkmuster, die ›Erzählungen‹, wie das heute heißt, waren vorbereitet: Der Antisemitismus als Basis, die Feindschaft zur Demokratie –die Abwertung des Parlaments als ›Quatschbude‹ – und das Schüren von Hass gegen alle Andersdenkenden. Das ist eingesickert in die Köpfe.

Auch heute sickert dieses braune Gift: Wenn Konzepte zur Sicherungshaft ernsthaft vorgeschlagen werden, führt dies zu keinem breiten Aufschrei mehr. Obwohl Sicherungshaft ja nichts anders heißt als: Ich kann eingesperrt werden für etwas, das ich nicht getan habe, weil ich es eventuell tun könnte. Aber das ist kein Problem – es gilt ja nicht für mich, ich bin ja ein Herrenmensch, Pardon: Österreicher. Es gilt ja nur für die AUSLÄNDER.«…

Eine umfassende Dokumentation zum Frauenmemorial mit allen Biografien, Reden usw. ist auf der Website des Salzburger KZ-Verbands (www.kz-verband-salzburg.at) zu finden.

Die Postkartenedition ist kostenlos in der Kulturabteilung der Stadt Salzburg erhältlich, Kontakt: kultur.bildung.wissen@stadt-salzburg.at.