Rechtes Stelldichein

geschrieben von Andreas Siegmund-Schultze

18. Februar 2020

Den knapp 600 Delegierten, die am 30. November und 1. Dezember zum AfD-Bundesparteitag in Braunschweig zusammenkamen, wird zumindest bei der Anreise eines sicher nicht entgangen sein: Rund 20.000 Antifaschisten waren zu den lautstarken Protesten gegen das in der Volkswagen-Halle ausgerichtete Treffen erschienen. Neben zahlreichen lokal Aktiven, hatte auch das überregionale Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« gegen das Stelldichein der Rechtsaußenpartei mobilisiert. Erwartungsgemäß sorgte dann ein Polizeiaufgebot aus rund 2.000 Beamten, dass drinnen alles wie geplant ablaufen konnte. Immerhin gelang es tausenden Gegendemonstrantinnen, auf dem Europaplatz eine Kundgebung in Hör- und Sichtweite des Parteitags abzuhalten. Viele Delegierte mussten sich mühsam, von viel Lärm und engen Polizeikesseln begleitet, ihren Weg in die Halle verschaffen. Das VW-Firmenlogo hatte Sponsor der Location zuvor aus Imagegründen abdecken lassen.

Das AfD-Treffen selbst war dann stark vom Zwist der beiden Parteiströmungen geprägt, dem völkisch-nationalistischen »Flügel« und den vermeintlich Gemäßigten. Debatten um Sozialpolitik wurden erneut verschoben. Dem scheidenden Ko-Vorsitzenden Alexander Gauland folgt der vom »Flügel« unterstützte 44jährige Malermeister Tino Chrupalla aus Sachsen, Jörg Meuthen bleibt Teil der Doppelspitze. Gauland ist nun Ehrenvorsitzender und hatte Chrupalla als seinen Nachfolger empfohlen. Bemerkenswert, dass die aktivsten Widersacher des »Flügels« nicht mehr Teil des neugewählten AfD-Sprecherkreises sind. Björn Höcke hatte vor dem Parteitag vollmundig bekanntgegeben, er werde im Vorstand aufräumen und machte deutlich, dass er dies auch ohne Amt in den neu zu besetzenden Gremien der Partei könne.

Eines wurde auf dem Treffen somit erneut deutlich: Ohne den »Flügel« läuft in der AfD nichts. Spätestens im Frühjahr will der Verfassungsschutz bekanntgeben, ob er die AfD weitergehend als bisher beobachten will. Auch die Auseinandersetzungen insbesondere in den ostdeutschen CDU-Landesverbänden um Bündnisse mit der AfD dürften weiter einiges an Konfliktpotential bereithalten.