Schutz und Solidarität

18. Mai 2020

Aufruf: Die Gewalt an den EU-Außengrenzen muss aufhören

Antifaschistinnen und Antifaschisten aus Deutschland und Griechenland fordern: Die Gewalt gegen Geflüchtete auf griechischen Inseln wie Lesbos, aber auch an der griechisch-türkischen Landgrenze muss aufhören. Geflüchtete brauchen Schutz und Solidarität. Dies ist nicht zuletzt die Lehre aus der faschistischen Barbarei Nazideutschlands.

Seit vielen Jahren engagieren wir uns gemeinsam, Menschen aus Deutschland und Griechenland, für Gerechtigkeit gegenüber den Opfern der Naziverbrechen im besetzten Griechenland. Wir fordern die Entschädigung der Opfer sowie Reparationsleistungen Deutschlands an den griechischen Staat. Deutschland ist bis heute nicht bereit, die Verantwortung für die Verbrechen an der griechischen Bevölkerung zu übernehmen. Doch wir sagen: Die Verbrechen dürfen nicht ungesühnt bleiben, sonst droht eine 
Wiederholung.

Schon seit Jahren leben Geflüchtete auf der Insel Lesbos und anderen griechischen Inseln unter erschreckenden Bedingungen. Völlig überfüllte Lager, ohne festes Dach über dem Kopf, ohne ausreichende Ernährung oder medizinische Versorgung. Als wäre dies nicht schon schlimm genug, hat sich die Lage in den letzten Wochen zugespitzt. Uns erreichen Bilder und Nachrichten von der Insel Lesbos, die wir in Europa nicht für möglich gehalten hätten. Faschistische Milizen haben Teile der Insel übernommen, patrouillieren dort und greifen Geflüchtete an. Sie attackieren aber auch Mitarbeiter von NGOs und andere Unterstützer, zuletzt auch Journalisten, die über diese Zustände berichten. Einrichtungen für Geflüchtete wurden in Brand gesetzt. Die Polizei greift nicht ein, die Sicherheitskräfte lassen die Faschisten gewähren. Das Leben der Geflüchteten ist in akuter Gefahr.

Auch die Lage an der griechisch-türkischen Grenze ist erschreckend. Seit Erdogan das Abkommen mit der EU aufgekündigt hat, eskaliert die Situation. Geflüchtete versuchen die Grenze zu überqueren, um nach Europa zu gelangen. Sie suchen Schutz vor Krieg, Hunger und Armut. Unterstützt von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex stellen sich ihnen die griechischen Sicherheitskräfte entgegen. Sie schießen mit Tränengas auf Geflüchtete, aber auch mit scharfer Munition. Zwei Tote gab es bereits. Diejenigen, die es über die Grenze schaffen, werden zurück in die Türkei verbracht. Es gibt Berichte über Misshandlungen. Boote, mit denen Geflüchtete versuchen nach Griechenland zu gelangen, werden angegriffen und am Anlanden gehindert. Gleichzeitig hat die Mitsotakis- Regierung das Asylrecht vorerst außer Kraft gesetzt.

Verantwortlich ist die griechische Regierung, die mit militärischen Mitteln gegen Menschen vorgeht, die nach Europa wollen. Verantwortlich ist auch die Türkei, die die Geflüchteten als Schachfiguren für ihre strategischen Interessen missbraucht. Verantwortlich sind die EU und die europäischen Regierungen, die die Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern seit Jahren hingenommen haben und die Mitsotakis jetzt den Rücken stärken. Die griechische Regierung und die EU brechen internationales Recht, sie treten die Genfer Flüchtlingskonvention und andere internationale Abkommen mit Füßen. Sie tun -dies, weil ihnen der Schutz der europäischen Außengrenzen wichtiger ist als die Menschenrechte. Die EU-Staaten überlassen Griechenland allein die Unterbringung der Geflüchteten, anstatt sie endlich aufzunehmen und ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Die deutsche Regierung sagt, sie will keine Wiederholung von 2015. Doch wir sagen, 2015 war ein Hoffnungszeichen. Endlich waren die Grenzen offen, endlich konnten die Menschen nach Europa gelangen. Es gab eine Welle der Solidarität und Mitmenschlichkeit. Und natürlich schafft Europa das, wenn es nur will.

Lehren aus dem Faschismus:

Dass wir Menschen in Not aufnehmen, ihnen Schutz gewähren und sie nicht in elenden Lagern vegetieren lassen. Dass wir die Faschisten bekämpfen, wenn sie Geflüchtete angreifen. Dass wir die Regierungen Griechenlands, Deutschlands und die EU schärfstens dafür kritisieren, wenn Sie auf Geflüchtete schießen, statt ihnen Asyl zu gewähren.

Wir müssen den Kampf für die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus fortführen. Wir müssen aber auch den Kampf gegen das europäische Grenzregime und für das Recht auf Asyl führen. Dies ist das Vermächtnis des europäischen Widerstands gegen Nazideutschland.

Unterstützer: 
AK Distomo, Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, Flüchtlingsrat Hamburg, VVN-BdA Bundesvereinigung, Griechenland-Soligruppe Hamburg, Aufstehen gegen Rassismus, Initiative Griechenland unter dem Hakenkreuz u.v.m. Die ganze Liste der Unterstützenden unter 
ak-distomo.nadir.org