Rechter Terror vor Gericht

geschrieben von Erika Klantz

8. August 2020

Netzwerke hinter den Angeklagten bleiben unaufgeklärt

In der Bundesrepublik mehren sich wieder die rechten Gewaltakte. Auf Grund der wiederholt bekannt gewordenen Verquickung von Angehörigen von Polizei und Geheimdiensten in rechte Machenschaften und ihres Versagens, solche Gewalttaten zu verhindern, schafft es auch die juristische Aufarbeitung teilweise auf die Titelseiten.

Der Lübcke-Mord

Am 2. Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke in seinem eigenen Garten erschossen. Lübcke hatte am 14.10.2015 bei einer Rede für die Aufnahme von Flüchtlingen einigen Störern nahegelegt, dass man die Bundesrepublik auch verlassen könne, wenn man ihre Werte nicht teile. Der Angeklagte Markus Hartmann hat diesen Beitrag mit seinem Handy aufgenommen und ins Netz gestellt. Auch dieses Video führte dazu, dass danach Walter Lübcke zum Ziel einer rechten Hetzkampagne wurde, an deren Ende mutmaßlich seine Ermordung stand. Im Juni 2020 hat vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt das Verfahren gegen Stephan Ernst und Markus Hartmann wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord an Walter Lübcke begonnen. Verhandelt werden auch der illegale Besitz von Waffen sowie ein Mordversuch am 16. Januar 2016. Stephan Ernst wird vorgeworfen, den Iraker Ahmad E. mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt zu haben. Ernst, der seit seiner Jugend im Spektrum des völkischen Nationalismus aktiv ist, hatte sich einem später zurückgenommenen Geständnis zu Folge bereits 2016 entschieden, Lübcke zu töten. Er fand Unterstützung bei seinem langjährigen Freund Hartmann, der ihm bei der Waffenbeschaffung und beim Schießtraining half. Folgt man der recht dürftigen Anklageschrift der Bundesanwaltschaft, wird es in diesem Verfahren fast ausschließlich darum gehen den Angeklagten die beiden Mordtaten nachzuweisen.

Der Anschlag von Halle

Im Juli soll ein weiteres Verfahren beim OLG Naumburg beginnen. Verhandelt wird aber in Magdeburg. Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen Stephan Balliet erhoben, der am 9. Oktober 2019 in Halle zwei Menschen ermordet und an weiteren 68 selbiges versucht haben soll. Zwei der Opfer überlebten die Schussverletzungen. Dass nicht noch mehr Menschen getötet oder verletzt wurden, lag an den guten Sicherungsmaßnahmen der angegriffenen Synagoge, der Unfähigkeit Balliets, Sprengsätze wirkungsvoll einzusetzen und der zeitweisen Funktionsuntüchtigkeit seiner Maschinenpistole. Der Angeklagte filmte das Geschehen und veröffentlichte die Taten im Live-Stream, weswegen die Anklageschrift den Ablauf auch sehr detailliert beschreibt. Ursächlich für die Tat macht die Anklagebehörde die antisemitische, rassistische und fremdenfeindliche Gesinnung des Angeklagten. Wie und warum sich Balliet radikalisierte und zur Tatbegehung entschloss und welche Verbindungen zu anderen rechten Personen und Organisationen er hatte, ist nicht Gegenstand der Anklage. Allerdings ist zu hoffen, dass die Vertreter der 40 zugelassenen Nebenkläger durch entsprechende Anträge versuchen werden mehr Licht ins dunkle Umfeld der Täter zu bringen.

Nicht weiter geht es derzeit im Verfahren gegen Franco Albrecht. Wegen Überlastung mit anderen Prozessen hat das OLG Frankfurt den Beginn des Verfahrens auf den Herbst verschoben. Der Bundeswehroffizier, der seine völkische Masterarbeit bei der Bundeswehr freiheitlich-demokratisch Umarbeiten durfte, hatte Anschlagspläne gegen mehrere Politiker, besorgte sich Waffen und schaffte es sich zur Tarnung seiner beabsichtigten Verbrechen neue Identität als Flüchtling zuzulegen. Erst sehr spät flog er auf. Ende 2017 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Albrecht wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Dem OLG Frankfurt reichten die Beweise aber nicht aus. Nach Beschwerde beim Bundesgerichtshof wird das Verfahren nun eröffnet.