Die CDU als Brandmauer nach rechts?

geschrieben von Tilo Giesbers

3. Juli 2021

Am 6. Juni fanden in Sachsen-Anhalt Landtagswahlen statt. Nachdem eine Umfrage die extrem rechte AfD bei 27 Prozent und damit knapp vor der CDU gesehen hatte, wurde der Wahlkampf in den letzten zehn Tagen vor dem Urnengang – trotz des derzeit alles überlagernden Themas Corona – von der Frage einer klaren Abgrenzung nach rechts dominiert. Im Ergebnis lag die Union mit gut 37 Prozent (+7,4 Prozentpunkte) mehr als 16 Punkte vor der AfD, die auf 20,8 Prozent (-3,4 Prozentpunkte) kam. Ausgerechnet der CDU war es gelungen, sich als Brandmauer gegen rechts zu gerieren. In der auslaufenden Legislatur hatten CDU-Abgeordnete immer wieder AfD-Anträgen zugestimmt, etwa für einen Landtagsvizepräsidenten der AfD und eine Enquetekommission »Linksextremismus«. Um die gemeinsame Ablehnung der GEZ-Gebührenerhöhung durch AfD und CDU und den damit unvermeidlichen Koalitionsbruch zu verhindern, wurde der neue Rundfunkstaatsvertrag nicht behandelt und trat dadurch bundesweit nicht in Kraft – der bisher wohl größte Erfolg der AfD. Die beiden damaligen Vizechefs der CDU-Fraktion, Lars-Jörn Zimmer und Ulrich Thomas, hatten schon in einer »Denkschrift« vor fast genau zwei Jahren behauptet, die »linksorientierte Medienberichterstattung« stärke die AfD. Aus ihrer Sicht müsse es »wieder gelingen, das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen«. Bereits 1992 machte der sachsen-anhaltische CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Rudolf Krause mit einer »Denkschrift zu nationalen deutschen Fragen« Schlagzeilen. In »Deutschlandpolitischen Überlegungen« schwadronierte er Monate später von »der linken Presse-Mafia« und forderte gemeinsame Wahllisten der »verschiedenen nationalen Kräfte innerhalb und außerhalb der Union«, namentlich DSU und Republikaner, bei Kommunalwahlen. Im selben Jahr trat Krause zu den Republikanern, später zur DVU über. Zuvor war er aus der CDU/CSU-Fraktion ausgeschlossen worden.

Tilo Giesbers ist Koautor der soeben in einer Neuauflage erschienenen Broschüre »Rät*innen gegen Rechts. Umgang mit Rechten in kommunalen Gremien«.

Tilo Giesbers ist Koautor der soeben in einer Neuauflage erschienenen Broschüre »Rät*innen gegen Rechts. Umgang mit Rechten in kommunalen Gremien«.

Ministerpräsident Reiner Haseloff entließ im vergangenen Jahr Innenminister Holger Stahlknecht, weil dieser öffentlich über eine von der AfD tolerierte CDU-Minderheitsregierung spekulierte. Zimmer und Thomas dagegen standen dieses Jahr auf den Plätzen 3 und 4 der CDU-Liste. Aus antifaschistischer Sicht ist erfreulich, dass die AfD mit künftig 23 von 97 Abgeordneten das Minderheitenquorum von einem Viertel der Sitze knapp verpasst hat, mit dem sie etwa Untersuchungsausschüsse auch allein einsetzen könnte. Damit muss sie auf eines der wichtigsten parlamentarischen Mittel verzichten. Es sei denn, sie kann wieder auf Stimmen aus anderen Fraktionen bauen.         

Tilo Giesbers ist Koautor der soeben in einer Neuauflage erschienenen Broschüre »Rät*innen gegen Rechts. Umgang mit Rechten in kommunalen Gremien«. Herausgeberin ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Download als PDF: www.rosalux.de/publikation/id/40148/raetinnen-gegen-rechts