Rechter Think Tank

geschrieben von Gerd Wiegel

9. September 2021

Vor dem Durchbruch? Die Desiderius-Erasmus-Stiftung hofft auf staatliche Finanzierung

Mit dem zu erwartenden Wiedereinzug der AfD in den Bundestag wird auch die Frage nach staatlicher Finanzierung einer parteinahen Stiftung der AfD dringlicher. Die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) sitzt bereits in den Startlöchern, um die erwarteten Millionen in rechte Bildungsarbeit umzusetzen. Aber es regt sich Widerstand gegen die Finanzierung der DES, und es gibt keinen Automatismus bei der Finanzierung von Parteistiftungen.

Vor gut einem Jahr, im August 2020, war die DES mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, mit der sie die Auszahlung staatlicher Zuschüsse erreichen wollte. Als größte Oppositionspartei machte sie den Anspruch geltend, ähnlich wie die parteinahen Stiftungen der anderen Bundestagsparteien, staatliche Gelder für ihre Bildungsarbeit zu erhalten. Programmatisch spricht sich die AfD für nachhaltige Einschnitte bei der Parteienfinanzierung und dem von ihr verachteten »Parteienstaat« aus. Das hindert sie jedoch nicht daran, sich selbst eine üppige Finanzierung notfalls auch gerichtlich zu erstreiten. Die fehlende klare gesetzliche Grundlage für die Parteistiftungen lässt einigen Spielraum, den die DES gerne frühzeitig für sich genutzt hätte. Dabei ist jedoch recht klar formuliert, dass nur eine Partei, die sich dauerhaft im politischen System verankert hat, Anspruch auf Förderung einer Parteistiftung erheben kann. Nach allgemeiner Auslegung ist damit mindestens ein wiederholter Einzug in den Bundestag gemeint. Was scheinbar eine Finanzierung der DES nach dem 26. September nahelegt, ist so eindeutig nicht. Denn sowohl Grüne als auch PDS/Die Linke mussten in der Vergangenheit erfahren, dass die Aufnahme in den Kreis der Etablierten auch von der politischen Großwetterlage abhängt. Die war in den 1980er und 90er Jahren noch klar gegen die politische Linke gerichtet, so dass sowohl die Heinrich-Böll-Stiftung wie auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung deutlich länger auf eine Beteiligung warten mussten. Die anhaltende Rechtsradikalisierung der AfD und die stärkere gesellschaftliche Thematisierung der Gefahr von rechts lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass der Haushaltsausschuss des nächsten Bundestages die DES ohne weiteres in den Kreis der zu fördernden Parteistiftungen aufnimmt.

Millionenförderung droht

Im Juni 2020 protestierten Antifaschist:innen vor dem Sitz der Desiderius-Erasmus-Stiftung in Berlin-Mitte anlässlich des ersten Todestages von Walter Lübcke. Im Fokus der unter dem Motto »Den rechten Terror stoppen! Walter Lübcke ist nicht vergessen! AfD, Steinbach, Pirinçci und Co. haben mitgeschossen!« angemeldeten Kundgebung stand auch die Stiftungsvorsitzende, die rechte Politikerin Erika Steinbach Foto: antifa-nordost.org

Im Juni 2020 protestierten Antifaschist:innen vor dem Sitz der Desiderius-Erasmus-Stiftung in Berlin-Mitte anlässlich des ersten Todestages von Walter Lübcke. Im Fokus der unter dem Motto »Den rechten Terror stoppen! Walter Lübcke ist nicht vergessen! AfD, Steinbach, Pirinçci und Co. haben mitgeschossen!« angemeldeten Kundgebung stand auch die Stiftungsvorsitzende, die rechte Politikerin Erika Steinbach
Foto: antifa-nordost.org

Klar ist allerdings, dass auf diesem Weg allenfalls eine Verzögerung, aber keine Verhinderung einer Parteistiftung der extremen Rechten zu erreichen ist. AfD und DES werden alle juristischen Mittel nutzen, um an die Gelder zu kommen. Schließlich geht es hier perspektivisch um Mittel im hohen zweistelligen Millionenbereich. Politische Bildungsarbeit im Inland, Gründung von Auslandsbüros, die Etablierung eines Studienwerkes und damit die Förderung akademischen Nachwuchses – alle diese Möglichkeiten würden sich auch für die DES ergeben, die damit zum zentralen ideologischen Motor und zur finanziellen Absicherung einer ganzen Generation rechter Aktivisten würde. Vergleicht man die potenziellen Möglichkeiten einer solchen Stiftung mit der gegenwärtigen Bedeutung des »Instituts für Staatspolitik«, dann wird schnell klar, welche Gefahr hier droht.

Initiative vom Anne-Frank-Zentrum

Insofern ist es mehr als verdienstvoll, dass das Anne-Frank-Zentrum in Frankfurt am Main im Sommer 2021 eine Kampagne unter dem Titel »Der Stiftungstrick« gestartet hat, mit der sie die Finanzierung der DES aus Steuermitteln verhindern will. Zu Recht wird darauf verwiesen, dass Rassismus und rechte Hetze nicht auch noch mit öffentlichen Mitteln gefördert werden dürfen, während gleichzeitig rechte Gewalt und alltägliche Bedrohungen zunehmen. Menschenwürde, Gleichheit vor dem Gesetz, Demokratieprinzip – gegen alle diese vom Bundesverfassungsgericht im NPD-Urteil 2017 aufgeführten Punkte verstößt auch die AfD, weshalb ihrer Stiftung die Finanzierung vorenthalten werden sollte.

»Hufeisentheorie« wirkt

Leider argumentiert der vom Anne-Frank-Zentrum in Auftrag gegebene Vorschlag des früheren Grüne-Bundestagsabgeordneten Volker Beck sehr staatstragend und ist einem Extremismusansatz verpflichtet, der das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und die Verfassungsschutzberichte zu entscheidenden Kriterien für die Frage der Finanzierung macht. Einen demokratischen Fremdkörper wie den Verfassungsschutz zum Schiedsrichter bei der Frage der Stiftungsfinanzierung machen? Das kann keine linke oder emanzipatorische Lösung sein. Die vorübergehende Aberkennung der Gemeinnützigkeit für die VVN hat gezeigt, wie schnell Regelungen »gegen rechts« auf Linke Anwendung finden. Antifaschistische Bewegung und kritische Öffentlichkeit müssen bessere Wege finden, um den Ausbau eines rechten Think Tanks in Gestalt der DES zu verhindern.

Gerd Wiegel ist Referent für Rechtsextremismus/Antifaschismus der Linksfraktion im Bundestag