AfD träumt vom Bürgerkrieg

geschrieben von Janka Kluge

7. Januar 2022

»Ohne Umsturz und Revolution kein Kurswechsel«: Bayerns AfD auf Telegram

Bis Dezember galt die bayerische AfD noch als ein eher gemäßigter Teil der rassistischen Partei. Dies hat sich mit der Veröffentlichung von Nachrichten aus der geschlossenen Telegram-Gruppe »Alternative Nachrichtengruppe Bayern« geändert. Die jetzt ans Licht gebrachten Nachrichten umfassen den Zeitraum von 2017 bis Mitte 2021. Auswertungen von Journalisten haben ergeben, dass seit Beginn der Corona-Krise der Ton innerhalb des Chats deutlich verschärft hat.

In dem Chat tauschen sich Mitglieder des südlichen AfD-Landesverbands über politische Strategien aus. Rainer Rothfuß, seit Oktober erster stellvertretender AfD-Landesvorsitzender, schrieb beispielsweise laut BR von »Impfdiktatur« und »Impfapartheid« und fährt dann fort, die Immunisierung mittels Vakzin sei ein »Genozid an den reichen Europäern und Nordamerikanern, die sich die Impfung leisten können«. Ein in dem BR-Beitrag nicht näher bezeichneter Kreisvorsitzender aus Oberbayern schrieb Ende 2020 im Chat: »Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr« und »Wahlen helfen eh nicht mehr«, um die »regierenden Verbrecher« loszuwerden. Von der Landtagsabgeordneten Anne Cyron bekam er sofort Unterstützung. Sie antwortete auf seinen Post: »Denke, dass wir ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht herauskommen werden«. Georg Hock, Mitglied im Landesvorstand, fasste seine Haltung mit den Worten »absolute Zustimmung« zusammen.

Einer der Administratoren der Telegram-Gruppe, Stephan Protschka, gab gegenüber dem BR an, dass er den Chat nicht mehr mitliest und auf stumm gestellt habe. Vielleicht liegt es daran, dass er ein vielbeschäftigter Mann ist. Immerhin sitzt er für die AfD im Bundestag, ist Mitglied im Bundesvorstand und seit Oktober Landesvorsitzender der AfD Bayern. Verwundern mag da, dass die Recherche des BR »im Jahr 2021 noch dutzende Beiträge« von Protschka ergab. Laut BR ist Johannes Huber ein weiterer Administrator der Gruppe. Zur Beschreibung des Chats schrieb er, dass in »dieser Gruppe (…) Meinungsfreiheit« herrscht.

Protschka gab gegenüber dem Sender vor, dass sich der Landesvorstand mit Äußerungen aus dem Chat befassen wolle. Wahrscheinlich wird es dabei eher um die Frage gehen, wie der Chat an die Öffentlichkeit kommen konnte und damit die Träume führender bayrischer AfD-Politiker von einem rechten Putsch bekanntgemacht hat.

Besonders brisant ist, dass unter den ungefähr 200 Mitgliedern des Telegram-Kanals zahlreiche führende Politiker*innen des bayrischen Landesverbands sind. Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks (BR) vom 1. Dezember beteiligten sich sechzehn der achtzehn AfD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag und elf der zwölf Bundestagsabgeordneten daran. Auch der im Oktober 2021 neugewählte Landesvorstand ist mit zehn von dreizehn Mitgliedern stark vertreten.