Corona, Ampel, Gemeinnützigkeit

geschrieben von Cornelia Kerth und Florian Gutsche

7. Januar 2022

Auch das neue Jahr stellt uns vor viele Herausforderungen

Corona nimmt kein Ende, und die rechten Straßenmobilisierungen unter dem »Querdenken«-Label haben im Westen Deutschlands Teile des grün-alternativen Milieus in der »Mitte« der Gesellschaft erreicht. Auch Menschen, die sich selbst zuweilen als »links« verorten, haben offensichtlich kein Problem damit, gemeinsam mit Aluhutträgern, Propagandist:innen »alternativer Fakten«, Reichsbürgern, AfD und -PEGIDA-Anhänger:innen und anderen Nazis aller Schattierungen auf die Straße zu gehen. Sie demonstrieren gegen Pandemiebestimmungen und Impfpflicht, sehen »globale Eliten« im Angriff auf Freiheit und Selbstbestimmung und stilisieren sich wahlweise als Verfolgte oder Widerstandskämpfer:innen gegen eine neue Diktatur. Sie sehen nicht die Nazis an ihrer Seite, sondern richten den Ruf »Nazis raus« gegen diejenigen, die ihnen entgegentreten.

Wissenschaftsfeindlichkeit und Mythen

Das ist nicht ganz neu, schon 2014 war mit den »Montagsmahnwachen« eine Bewegung am Start, deren rechte Grundierung aus Wissenschaftsfeindlichkeit und Verschwörungsmythen schnell deutlich wurde, wenn man auf einer der zahlreichen Homepages der lokalen Gruppen auf die dort angebotenen Links zu »alternativen« Informationsquellen klickte oder sich einfach nur die stets ins Netz gestellten Beiträge vom »Offenen Mikrofon« anhörte, das auch Nazis reinsten Wassers zur Verfügung stand. Damals wie heute gehörten Figuren wie Ken Jebsen zu denen, die Ton und Richtung »nicht links, nicht rechts« angaben, und wir mussten erstaunt und entsetzt zur Kenntnis nehmen, wie viele, denen wir uns zum Teil über Jahrzehnte verbunden gefühlt hatten, mit ihm den Schulterschluss übten. Heute finden wir die Namen etlicher von ihnen gemeinsam mit den Führungsfiguren von »Querdenken« unter einem »Neuen Krefelder Appell«.

Corona werden wir irgendwann überstanden haben, »Querdenker« werden neue Themen für Querfront-Initiativen suchen und finden. Die notwendige Auseinandersetzung damit wird uns nicht erspart bleiben.

Antifaschist:innen demonstrieren wie hier im Mai 2020 vor der Berliner Volksbühne gegen Pandemieleugnung. Foto: christian-ditsch.de

Antifaschist:innen demonstrieren wie hier im Mai 2020 vor der Berliner Volksbühne gegen Pandemieleugnung. Foto: christian-ditsch.de

Politische Gradmesser sind in diesem Jahr die Landtagswahlen im Saarland (März), in Schleswig-Holstein (Mai), Nordrhein-Westfalen (Mai) und Niedersachsen (Oktober), bei denen wir dazu beitragen wollen, die AfD deutlich zu schwächen und aus möglichst vielen Parlamenten hinauszuwerfen. Wichtig ist, dafür viele Bündnispartner:innen zu gewinnen, um an möglichst vielen Orten präsent zu sein, an denen die AfD sich zeigt, und vor allem größere Veranstaltungen möglichst gar nicht, auf keinen Fall ohne Proteste stattfinden zu lassen. Material kann wie immer bei »Aufstehen gegen Rassismus« bestellt werden, und der Wahltermin 8. Mai, dem Tag der Befreiung, in Schleswig-Holstein verlangt buchstäblich einen besonderen Beitrag aus unserer Perspektive.

Seit Dezember ist die »Ampel«-Regierung im Amt, und die ersten Statements und Maßnahmen bieten durchaus Anlass zur Sorge. So übergab der Bundeskanzler schon kurz nach seiner Wahl die Leitung des Corona-Krisenstabs an Generalmajor Carsten Breuer, bisher zuständig für Inlandseinsätze der Bundeswehr. Zeitgleich wurde die Mobilisierung von 12.000 Soldaten im »Krieg gegen Corona« bekannt gegeben, und die Verlegung von Patient:innen übernimmt die Bundeswehr, womit die »zivil-militärische Zusammenarbeit« eine ganz neue Dimension bekommt.

Starke Friedensbewegung nötig

Angesichts zunehmender internationaler Spannungen ist eine starke Friedensbewegung notwendig, die neben »Abrüstung statt Aufrüstung« auch eine Außenpolitik einfordert, die an internationalen Abkommen und Vereinbarungen wie der UN-Charta oder der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert ist und nicht an »europäischen Werten«, die angesichts der täglichen Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Außengrenzen zur Worthülse im Politiker:innen-Sprech geworden sind. Der fortschreitenden Militarisierung der Innen- und Außenpolitik gilt es einen Riegel vorzuschieben.

In Sachen Gemeinnützigkeit verspricht die Koalition den »Katalog« gemeinnütziger Aktionsfelder an aktuelle Erfordernisse anzupassen, z. B. den Schutz der Menschenrechte und des Klimas aufzunehmen. Nicht ins Auge gefasst hat man die Streichung des § 51 Abs. 2, nach dem eine »Verrufserklärung« des Inlandsgeheimdiensts ausreicht, einem Verein die Gemeinnützigkeit zu entziehen, wie im Fall unserer bayerischen Landesvereinigung geschehen.

Nun geht die Landesvereinigung Bayern in Revision. Der Antrag ist gestellt und begründet. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs wird für uns alle von Bedeutung sein. Deshalb sind die politische Begleitung des Verfahrens und die stetige Auseinandersetzung mit der Rolle und den teilweise absurden »Bewertungen« des Inlandsgeheimdienstes für uns auch 2022 wichtige Aktionsfelder.

Vorsicht ist geboten:
Die neue grüne Außenministerin Annalena Baerbock macht mit ihrer Ansage einer »wertebasierten Außenpolitik« und klaren Feindbildern da weiter, wo einst Joseph Fischer angefangen hat. Wir erinnern uns: Der hatte gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Verteidigungsminister Scharping mit Bomben auf Belgrad Deutschland wieder zu einem Krieg führenden Land gemacht – angeblich »um ein neues Auschwitz zu verhindern«.