Der »richtige« Ort

geschrieben von Ina Sembdner

14. September 2023

Bundeswehr in Niger: Fluchtabwehr unter Deckmantel der »Terrorbekämpfung«

Zu den Ländern auf den letzten zehn Plätzen des Human Development Index, der die »menschliche Entwicklung« in den jeweiligen Ländern »misst«, gehören nicht zufällig all jene Staaten Westafrikas, die sich nach Putschen in einem militärisch geführten Übergang finden: Guinea (182), Burkina Faso (184), Mali (186) und zuletzt Niger, das an Stelle 189 von 191 offiziell registrierten Staaten steht.

Kennzeichnend für die von Frankreich neokolonial verwalteten Länder sind Korruption und Terror – befördert durch deutsch-französische Interessen, die auch in Brüssel die Richtung vorgeben. Zu sehen gewesen erst wieder in der letzten Augustwoche bei der Ankündigung von Sanktionen gegen den Sahelstaat.

Bundeswehr-Soldat in Niger, hier bei einem Ministerbesuch 2022. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Bundeswehr-Soldat in Niger, hier bei einem Ministerbesuch 2022. Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke

Während Paris auf rücksichtslose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen (Uran, Gold und Erdöl) setzt, geht es Berlin darum, Migration und Flucht so weit als möglich von den eigenen Grenzen fernzuhalten. Ein Großteil der Asylsuchenden, die Italiens Küste erreicht haben, hatten zuvor auf ihrem Weg Niger durchquert. Der »richtige« Ort also für die Bundeswehr, die seit 2013 im Land präsent ist unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung bzw. zur Ausbildung lokaler Streitkräfte, auch jener, die gerade die Macht übernommen haben.

Dabei war die Wüstenstadt Agadez bis vor wenigen Jahren das pulsierende Zentrum des Sahel für Migration. Mehr als die Hälfte ihrer Einwohner*innen lebte von dem Geschäft mit der Versorgung der Menschen auf ihrem Weg nach Norden, also Libyen und von dort in die EU – bis Brüssel Niamey 2015 den Geldkoffer im Gegenzug für verschärfte Gesetze anbot. Seither müssen Schutzsuchende im Verborgenen leben, jede Form der Beteiligung an Migration – legal oder »illegal« – birgt die Gefahr der Kriminalisierung. Die Armut ist dadurch nur noch gewachsen, was den Berliner Ansatz der »Fluchtursachenbekämpfung« offenkundig ad absurdum führt, und das nicht nur in Niger.