editorial
2. März 2024
Seit Jahren wird auf massenweise Posi-tionierung im Kampf gegen rechts gehofft. Nun sind diese Massen bei Kälte und Regen auf Großdemos unterwegs, und dennoch macht sich gerade unter denjenigen Skepsis breit, die jahrelang auf solche Manifestationen politischen Willens hingearbeitet haben. Statt sich darüber zu freuen, dass wir mit unseren Analysen der Gefahren des Schulterschlusses von militanten Neonazis, AfD und Teilen der CDU – mit Unterstützung einiger Unternehmer – in der Breite durchgedrungen sind, wird beklagt, dass Demos nichts strukturell ändern. Richtig, aber diese Manifestationen sind eine hervorragende Rückendeckung für einen antifaschistischen Umbau staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen, für eine andere Form von Sicherheit, für Bildung, für die Ausrichtung an Menschlichkeit und Solidarität. Es ist an uns, darauf hinzuwirken. Der gut gepflegte Pessimismus unter Antifaschist*innen kann eine treffende Analyse der Großdemos und der eigenen Stärken nicht ersetzen. Lasst ihn zu Hause und richtet euch darauf ein, euch freudig wiederholen zu müssen, ohne den überheblichen Satz »Das haben wir schon immer gesagt« zu verwenden. Die VVN-BdA hat sich früh entschieden, die Chancen der Massenmobilisierung zu nutzen, um dem organisiertesten und bedeutsamsten Teil der extremen Rechten in Deutschland – der AfD – so sehr zu schaden, dass sie zumindest nicht stärker werden kann. Die Konzepte dafür gibt es und sie greifen. Lasst sie uns dieses Jahr stärker verfolgen.
Parallel dazu läuft eine andere Art der Kampagne, die unsere Aufmerksamkeit noch mal anders erfordert und die SPD-Chef Lars Klingbeil im Juni 2022 so beschrieb: »Nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung hat Deutschland heute eine neue Stellung im internationalen Koordinatensystem. Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben.« Dazu gehören stetige Aufrüstung, Militäreinsätze, diskursive Kriegsvorbereitung und das ökonomische Niederringen anderer Staaten. Die Katastrophen der von uns beobachteten Kriege in der Ukraine und in Israel/Gaza haben bisher nicht zum Umdenken geführt, sondern den Eskalationskurs bestärkt. Auch hier müssen wir uns daran gewöhnen, uns zu wiederholen, bis wir mit klugen Analysen und Handlungsweisen durchdringen.