Für inklusives Miteinander

geschrieben von Peps Gutsche

27. April 2024

Wie wir Diskriminierung von Menschen mit Behinderung abbauen können

Ableismus beschreibt die Diskriminierung von behinderten Menschen aufgrund von Vorurteilen zugunsten von Menschen, die ohne Behinderung leben. Der Begriff stammt aus dem Englischen und ist abgeleitet von dem Begriff »able«, also »fähig sein«.

Ableismus fußt auf der gesellschaftlichen Einteilung von Menschen in »gesund« und »krank« aufgrund ihrer körperlichen, kognitiven oder psychischen Gesundheit sowie der Vorstellung, dass behinderte Menschen nicht die gleichen Fähigkeiten besitzen wie Menschen ohne Behinderung. Dabei ist das Spektrum von Behinderungen breit: Es gibt Menschen mit Einschränkungen des Bewegungsapparates ebenso wie Personen mit sichtbaren und unsichtbaren chronischen Erkrankungen, neurodivergente Menschen mit Autismus oder ADHS und noch viele mehr.

Das vorliegende Buch »Stoppt Ableismus! Diskriminierung erkennen und abbauen« geht darauf ein, dass es dabei nicht nur um individuelle Vorurteile geht, sondern diese Abwertung auf gesellschaftlichen Strukturen und Verhältnissen beruht, die sich verändern müssen, damit rund 15 Prozent der Bevölkerung vollumfänglich am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Anne Gersdorff, Karina Sturm: Stoppt Ableismus! Diskriminierung erkennen und abbauen. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2024, 288 Seiten, 15 Euro

Anne Gersdorff, Karina Sturm: Stoppt Ableismus! Diskriminierung erkennen und abbauen. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2024, 288 Seiten, 15 Euro

Die beiden Autorinnen Anne Gersdorff und Karina Sturm bieten in vier Kapiteln grundlegende Begriffserklärungen sowie Einblicke in das Leben von Menschen mit Behinderung, und sie gehen der Frage nach, wie Inklusion ermöglicht werden kann. Dabei machen sie die Bandbreite der vielfältigen Bedarfe von behinderten Menschen sichtbar. Die klare Gliederung des Buches erleichtert das Lesen und bietet eine gute Orientierung: Zu Beginn eines jeden Kapitels führt eine Beispielsituation einer Person mit Behinderung in das jeweilige Thema ein, bevor eine inhaltliche Abhandlung dazu folgt. Zwischendurch werden in Form von Fragen Denkanregungen für die Reflexion der Leser_innen geboten. Die Kapitel werden abgerundet durch Anregungen, wie die_der Leser_in selbst gegen Ableismus aktiv werden und ein_e gute_r Verbündete_r für Inklu-sion sein kann.

Das Buch zeigt die Entwicklung der Behindertenrechtsbewegung in ihrem Kampf für Inklusion ebenso auf wie die rechtliche Rahmung von Inklusion durch die 2008 in Kraft getretene Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Denn die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist dabei keine nette Geste, sondern eine rechtliche Verpflichtung. Behinderung wird sozial hergestellt, also dadurch, wie die Umwelt mit behinderten Menschen interagiert, sei es strukturell durch Ausschlüsse oder durch paternalistisches und gewaltvolles Verhalten. Wie weit wir hier von einer inklusiven Gesellschaft entfernt sind, zeigt sich bei den Beispielen im Bereich Bildung und Arbeit, bei der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Bildern von Behinderung und ihren negativen Folgen für Diskriminierungsbetroffene sowie bei der medialen und sprachlichen Darstellung behinderter Menschen. Immer wieder gehen die Autorinnen dabei auf die intersektionalen Verschränkungen von Behinderung, Geschlecht, Rassifizierung und sozialem Status ein. So führen fehlende Barrierefreiheit und Exklusion vom Arbeitsmarkt dazu, dass 20 Prozent der Menschen mit Behinderung von Armut betroffen sind. Auch sind Menschen mit Behinderung einem höheren Risiko ausgesetzt, von Gewalt betroffen zu sein, als Menschen ohne Behinderung.

Anne Gersdorff und Karina Sturm liefern nicht nur Einblicke in die Hürden und Barrieren, denen Menschen mit Behinderung tagtäglich ausgesetzt sind, sondern zeigen auf, dass der Kampf für soziale Gerechtigkeit auch immer ein Kampf für die Inklusion und Selbstbestimmung ist. Hier sind wir alle gefragt, gemeinsam für eine inklusive Gesellschaft aktiv zu werden.