Liebäugeln mit Trump

geschrieben von Juliet Schnabel

27. April 2024

Kann die US-Demokratie den faschistischen Möchtegerndiktator überleben?

»Eine Schande« sei der 6. Januar, der Sturm auf das Kapitol im Jahr 2021, gewesen. Kurz nach dem versuchten Staatsstreich gaben sich in den USA viele republikanische Superreiche noch eher reumütig. Zumindest öffentlich rümpften sie die Nase über den Mob, der Kreuze und Galgen vor dem Parlament errichtete, mit Hörnern, QAnon-T-Shirts und Südstaatenflaggen Jagd auf Abgeordnete machte und zu guter Letzt die Wände mit Scheiße beschmierte.

Drei Jahre später jedoch liebäugeln laut Washington Post etliche Geldgeber:innen erneut mit dem faschistischen Möchtegerndiktator Donald Trump. Dass er sämtliche Stürmer:innen begnadigen will, mit 88 Strafanzeigen konfrontiert ist und seiner Basis nicht nur die Verfolgung seiner politischen Gegner:innen oder von Illegalisierten verspricht, stört sie dabei nicht so sehr wie Joseph Bidens geplante Steuerpolitik. Während die eigene Partei von Bidens Zaghaftigkeit und Kompromissbereitschaft enttäuscht ist – ob bei der Einführung eines Mindestlohns, der Abschaffung der Studiengebühren oder seiner Nahostpolitik –, ist für die Reichsten der Reichen allein der Gedanke, ein Bruchteil ihres grotesken Vermögens könnte nach unten sickern, Grund genug, um sich die lästige, eh schon schwächelnde Demokratie ein für allemal aus dem Pelz zu kämmen.

Sie sind damit nicht allein. Etliche Rechtsaußen-Militias leugnen bis heute den Wahlsieg Bidens und trainieren schon seit Jahren für den herbeigesehnten Bürgerkrieg. Ihre Stimmungsmache ist nun auch bei denen angekommen, die lieber mit Trump-Mützen und US-Flaggen aufmarschieren als in Flecktarn und schusssicheren Westen. Wer auf einer Trump-Rally nachfragt, wird kaum noch jemanden finden, der nicht für Bürgerkrieg und Diktatur ist. Genau wie in der Republikanischen Partei sind alle Moderaten, die sich weigerten, Trumps Ring zu küssen, längst ausgesiebt, abgewählt und rausgemobbt worden. Was nicht verwundert, denn republikanische Amtsträger:innen wissen, wie unpopulär ihre Partei ist. Ohne die antidemokratischen Spielchen, die sie seit Jahren spielen, hätten sie kaum eine Chance auf Wiederwahl.

Hilfe bei der Abschaffung der Demokratie bekommen sie vom Obersten Gerichtshof. Trumps Prozess zu seiner Rolle im Kapitolsturm liegt momentan auf Eis, weil die Entscheidung, ob Trump tatsächlich unantastbar ist, bis auf den spätestmöglichen Termin vertagt wurde. Eine Verurteilung noch vor den Wahlen im November ist dadurch unwahrscheinlich. Sollte Trump also entweder gewinnen oder bei einer Niederlage erneut einen Putschversuch unternehmen und diesmal erfolgreich sein, so wird er vermutlich für seinen ersten Versuch niemals belangt werden. Eine ähnliche Strategie hat der Oberste Gerichtshof schon angewendet, als es darum ging, illegales Gerrymandering, das heißt unzulässige Wahlkreiskarten, durch die Verschleppung von Gerichtsentscheidungen wie in Alabama und South Carolina trotzdem anzuwenden, um der Republikanischen Partei ihre hauchdünne Mehrheit zu garantieren. Etliche konservative Richter stehen derweil wegen Korruption in der Kritik – und natürlich kommt das Geld von schwerreichen Rechtskonservativen.

Diese Käuflichkeit ist vor allem besorgniserregend, wenn die Geldgeber:innen mehr wollen als nur einen Job im Weißen Haus oder noch mehr Steuergeschenke (siehe Marginalie). Die Republikanische Partei kann es sich kaum erlauben, dieses Geld abzulehnen, denn die eigenen Konten sind leer, wegen ausbleibender Spenden, Missmanagement – und natürlich wegen Trump, der selbst eifrig Spenden sammelt. Nicht, dass es in der Partei noch großen Widerstand gegen Trump gäbe. Nachdem Nikki Haley ihre Kandidatur hinschmiss, übernahmen Trump und Konsorten das republikanische Wahlkomitee und feuerten einen Großteil des Personals, das sich nun auf dieselben Posten wieder bewerben darf. Eine Frage im Bewerbungsgespräch ist, ob sie glauben, dass die Wahl 2020 gestohlen sei. So werden alle ausgesiebt, die nicht an seine Lügen und Verschwörungsnarrative glauben.

Dies ist nur die Krönung einer Strategie, die Trumpist:innen seit November 2020 betreiben, nämlich die Untergrabung der eh schon maroden Wahlinfrastruktur. Seit Bidens Wahlsieg terrorisieren Trumpist:innen landesweit Wahlhelfer:innen und Wahlbeamte, bis diese oftmals entnervt ihren Job hinwerfen. Die leeren Stellen bleiben entweder leer oder werden mit Trump-Loyalist:innen gefüllt, die offen erklären, dass sie nur einen Gewinner zulassen werden. Mit der Übernahme des Wahlkomitees ist die MAGA-Sekte (Make America Great Again) vollendens in den Ämtern angekommen, in denen nicht nur Entscheidungen zum Wahlprogramm, sondern auch zu Wahlabläufen getroffen werden. Die Frage diesen November ist daher angesichts der immer dreisteren Korruption nicht nur, ob die US-Demokratie Trump überleben kann, sondern auch die sich immer weiter zuspitzenden Widersprüche des Spätkapitalismus, mit all dem verschwurbelten, klerikalen und endzeitlichen Wahn, den diese mit sich bringen.

Trump pleite?

Auch Trump ist, neben seinem Allmachtsfantasien, vor allem käuflich – und knapp bei Kasse. Neben seinen Anwaltskosten sind besonders die Kautionszahlungen für die schon entschiedenen Gerichtsverfahren eine Last, die sich nicht mit dem Verkauf von vergoldeten Turnschuhen und klebrigen Bibeln beheben lässt. Die Kaution dafür, dass er sein Vermögen gegenüber Kreditgebern als zu hoch einschätzte, bezahlt er nun vermutlich mit dem Erlös aus dem Börsengang seiner Social-Media-Plattform Truth social – was nur funktioniert, weil er wiederum den Wert von Truth social zu hoch einschätzt. Hilfestellung bekommt er von einem Teilbesitzer von TikTok, und als Gegenleistung sprach Trump sich gegen das drohende TikTok-Verbot in den USA aus.

Trumps Förderer

Dazu zählt das »Project 2025«, ein Zusammenschluss aus mehr als hundert Gruppen des rechtskonservativen und christlich-fundamentalistischen Lagers. Es rekrutiert nicht nur Loyalist:innen in Regierungsämtern auf allen Ebenen, sondern strebt ganz offen eine Pluto-Theokratie an, inklusive Abschaffung staatlicher Regulierungsbehörden, faktischer Abschaffung der Gewaltenteilung zugunsten des Präsidenten sowie völliger Entrechtung und potenzieller strafrechtlicher Verfolgung von LGBTQIA+-Personen. Etliche Einzelpersonen und Organisationen des »Project 2025« haben Trump nicht nur in der Vergangenheit finanziell unterstützt, sondern sind oftmals Exmitglieder aus Trumps Kabinett.