Wertvolle Schätze

geschrieben von Ulrich Schneider

27. April 2024

Orden und Ehrenzeichen in Archiven der VVN

Bei der Sichtung von Kreisarchiven oder bei der Übernahme von Nachlässen, die uns von Angehörigen zur Nutzung und treuen Aufbewahrung übergeben werden, finden sich im Sinne unserer Geschichte oft wertvolle Schätze. Schriftliche Aufzeichnungen, Broschüren und Bücher, aber auch eine große Zahl von Fotos, um die man sich intensiv kümmern muss, damit die darin enthaltenen Informationen (wann ist das Bild entstanden, welcher Anlass, welche Personen sind auf dem Foto zu sehen?) nicht verloren gehen.

Zu den Realien, die ebenfalls Aussagen über die Person des Nachlassgebers machen, gehören Mitgliedsabzeichen und Ehrenzeichen. Tatsächlich besaßen solche Abzeichen für die Mitglieder früherer Jahre große Symbolkraft. Man hielt die antifaschistischen Mitgliedsabzeichen in Ehren. So fragen oftmals Angehörige ehemaliger Verfolgter bei der FIR an, ob man Informationen über ihre Verwandten besitze. Diese seien doch Mitglieder der FIR gewesen, ein entsprechendes Mitgliedsabzeichen befinde sich im Nachlass. Leider muss bei solchen Anfragen immer darauf hingewiesen werden, dass es keine Einzelmitglieder in der Organisation gab. Das Mitgliedsabzeichen der FIR war nach der Auflösung der VVN in der DDR faktisch das Abzeichen derjenigen, die sich inner- und außerhalb des Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer mit der antifaschistischen Sache als Überlebende verbunden fühlten.

Ein VVN-Mitgliedsabzeichen gab es ebenfalls. Die erste Version, die einheitlich verbreitet wurde, war ein roter Winkel, auf dem auf der oberen Seite die Buchstaben VVN die Dreiecksform fortsetzend aufgesetzt waren. In der Zeit der politischen Verfolgung und des drohenden Verbotes im Westen wurden keine neuen Mitgliedsabzeichen produziert. Das gemeinsame Logo war aber auf Abzeichen für Veranstaltungen zu finden. Die VVN in der BRD veränderte ihr Mitgliedsabzeichen erst nach dem Oberhausener Kongress, auf dem die Öffnung zum »Bund der Antifaschisten« beschlossen wurde. Nun war es ein Kreissymbol, in dessen Mittelpunkt der rote Winkel auf goldenem Grund stand und in schwarzer Schrift der Text »VVN Bund der Antifaschisten« zu lesen war. Die Farbgebung lehnte sich bewusst an die deutschen Fahnen an. Dieses Abzeichen wurde bei Neueintritten übergeben, und auch ältere Mitglieder haben es erworben.

Nach dem Ende der DDR und dem nationalistischen Taumel der »Wiedervereinigung« gab es in der VVN-BdA zunehmend Bedenken gegen die schwarz-rot-goldene Symbolik. Daher entschied sich die Organisation schon in den 1990er-Jahren, das Logo des Verbandes, das dann auch als Mitgliedsabzeichen fungierte, neu zu gestalten: Ein roter Winkel steht auf einem rechteckigen Feld aus blau-weißen Streifen. Die Farbgebung orientiert sich an der Symbolik der Häftlingskleidung in den Konzentrationslagern, sodass hiermit die Bezugnahme auf die Verfolgten des Naziregimes deutlich wird. Tatsächlich finden sich diese vier Abzeichen, die drei Varianten des Mitgliedsabzeichens der VVN und das Abzeichen der FIR, was seit 1951 nicht verändert wurde, in vielen Nachlässen ehemaliger Mitglieder.

Dazu oftmals auch Erinnerungsplaketten, die zu besonderen Anlässen ausgehändigt wurden, so zum Beispiel zum internationalen Buchenwaldtreffen im April 1954, zur Einweihung der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald 1958, zu den Befreiungstagen in Buchenwald, Mittelbau-Dora, Ravensbrück und Sachsenhausen. Da viele dieser Plaketten später in den Gedenkstätten auch käuflich zu erwerben waren, ist damit nicht automatisch verbunden, dass die Besitzer dieser Plaketten tatsächlich auch Teilnehmende der betreffenden Veranstaltungen gewesen sind.

Während es in der DDR aus verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen und als Ehrung für verdiente Frauen und Männer aus Widerstand und Verfolgung diverse Orden und Ehrenzeichen gab, findet man dieses in der alten BRD nur selten. Bis Ende der 1980er-Jahre war es die absolute Ausnahme, wenn ein verdientes Mitglied der VVN-BdA mit einer staatlichen Auszeichnung, einer Stadtmedaille oder dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde. Vor diesem Hintergrund entschied sich die VVN-BdA, anlässlich des 30jährigen Bestehens der Organisation, 1977 selbst eine »Ehrenmedaille des deutschen Widerstandes« herauszugeben. Diese Medaille wurde allen damals noch lebenden Zeitzeugen in der VVN-BdA übergeben. Auch antifaschistische Persönlichkeiten wie Eugen Kogon, der schon in den ersten Jahren die VVN verlassen hatte, wurden damit geehrt. Im Rhein-Main-Gebiet kann man in Nachlässen noch eine weitere Auszeichnung finden, die die ehemaligen Verfolgten in Ehren gehalten haben, die Johanna-Kirchner-Medaille. Sie wurde auf Initiative des damaligen Frankfurter Oberbürgermeister Andreas von Schoeller in den Jahren 1991 bis 1995 an alle noch lebenden Menschen, »die dem Nationalsozialismus Widerstand entgegengesetzt hatten« (so die offizielle Begründung), überreicht. Es war das erste Mal, dass es staatlicherseits keine Ausgrenzung von Kommunisten bei einer solchen Würdigung gab.