Rechtes Firmengeflecht

geschrieben von Ulrich Peters

8. September 2024

Temporäres Verbot des Compact-Magazins ruft viele Unterstützer auf den Plan

Die Diskussionen um ein Verbot des seit 2010 erscheinenden extrem rechten Compact-Magazins verdeutlichen einerseits die Erfolge einer rechten Diskursstrategie, andererseits zeigt ein Blick auf die Unterstützungs- und Solidaritätsstrukturen die fortschreitende Etablierung eines Netzwerks, das auf Verschwörungserzählungen und rechten Narrativen basiert. Gerade der Gründer und Chefredakteur des Magazins, Jürgen Elsässer, trat von Beginn an immer auch als Aktivist und Netzwerker in Erscheinung. Wenngleich eine von ihm herbeigesehnte Querfront von ganz links bis rechts nie zustande kam, ist es dennoch gelungen, unterschiedliche Akteur*innen anzusprechen und damit das hinter Compact stehende Firmengeflecht zu einer relevanten Plattform für extrem rechte, rassistische und verschwörungsideologische Kampagnen auszubauen.

Eben jenes Firmengeflecht, bestehend aus der »Compact Magazin GmbH« und der »Conspect Film GmbH«, wurde am 16. Juli durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser verboten. Conspect Film wird von Stephanie Elsässer geleitet und ist hauptsächlich für den Onlinevideokanal »Compact-TV« zuständig. Wichtigstes Produkt jedoch ist das monatlich erscheinende Magazin. Von Beginn an prägten Verschwörungserzählungen sowie souveränistische, antiamerikanische und prorussische Positionen die Compact-Inhalte. Politische Themen werden darin ihrer Komplexität beraubt und mit dem Hinweis einer permanenten individuellen Bedrohung sowie einer durch politische Eliten hervorgerufenen anhaltenden gesellschaftlichen Krisensituation bewusst emotionalisiert. Compact bedient sich dabei nicht nur einer inhaltlich breiten Themenpalette, sondern orientiert sich seit Jahren auch an rechten und reaktionären Protestformaten. 2014 unterstützte es die antisemitischen und verschwörungsideologischen »Montagsmahnwachen für den Frieden«, Elsässer selbst trat immer wieder als Redner bei den rassistischen Pegida-Protesten oder AfD-Veranstaltungen auf und machte Compact seit 2020 zu einem Sprachrohr der verschwörungsideologischen Corona-Proteste.

Wie verzweigt das um Compact herum entstandene Netzwerk mittlerweile ist, zeigte sich auch in den vielfältigen Solidaritätsbekundungen. Noch am Tag des Verbots fand eine Kundgebung vor den Redaktionsräumen im brandenburgischen Falkensee statt, die von dem durch Corona-Proteste bekannt gewordenen Aktivisten Björn »Banane« Winter organisiert wurde. Winter verbreitet nicht nur als Streamer und Redner auf Demos rechte und verschwörungsideologische Narrative, sondern trat bei den diesjährigen Kommunalwahlen in Brandenburg selbst für die AfD in der Gemeinde Michendorf an. In den folgenden Tagen gab es weitere Versammlungen unter anderem von der rechtsesoterischen Partei »Die Basis« in Berlin und den extrem rechten »Freien Sachsen« in Chemnitz. Solidarisch mit Compact zeigten sich außerdem die neonazistische Partei »Die Heimat« sowie deren Jugendorganisation »Junge Nationalisten«. Dass die AfD das Verbot lautstark kritisiert, verwundert wenig, gibt es doch direkte personelle Verbindungen. So sitzt unter anderem der langjährige Compact-Mitarbeiter Lars Günther seit 2019 für die AfD im Brandenburger Landtag, während Stephanie Elsässer Mitarbeiterin bei der AfD-Bundestagsabgeordneten Christina Baum sein soll. Darüber hinaus wurde im Zuge des Verbots auch eine Anzahlung der AfD beschlagnahmt, die für mindestens 17 geplante Wahlkampfveranstaltungen auf die Bühnentechnik von Compact zurückgreifen wollte.

Schnell wurden aber auch Stimmen laut, die in dem staatlichen Vorgehen allein eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit sahen. Sie sind damit einem früh in Stellung gebrachten rechten Narrativ aufgesessen, das die Debatte stellenweise erfolgreich weggeführt hat von den hinter Compact stehenden Netzwerken und der durch diese verbreiteten Ideologie. Aufgenommen wurde diese Erzählung nicht nur vom FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, sondern auch vom Ex-Linke-Politiker Diether Dehm, der sich mit einer Petition gegen das Verbot wandte. Neben ihm gehörten zu den Erstunterzeichnenden Personen, die in den letzten Jahren verstärkt mit verschwörungsideologischen Positionen und einer Nähe zu rechten Akteur*innen aufgefallen sind. Hierzu zählen die Wissenschaftlerin Ulrike Guérot, der Kabarettist Uwe Steimle und die Aktivistin Laura von Wimmersperg von der Berliner Friko. Wer sich aber einer Auseinandersetzung mit den Inhalten von Compact verweigert und das Verbot lediglich als einen weiteren Beleg diktatorischen Regierungshandelns kritisiert, trägt damit selbst zur Normalisierung extrem rechter und verschwörungsideologischer Positionen bei.

Wie zu erwarten, wurde durch Compact Beschwerde eingelegt, und das Bundesverwaltungsgericht hat am 14. August den sofortigen Vollzug des Verbots aufgehoben. Damit steht eine endgültige juristische Entscheidung weiterhin aus. Ob das Verbot in der Hauptsacheverhandlung – die im Februar 2025 stattfinden soll – bestätigt wird oder nicht, ist für Antifaschist*innen aktuell nur in soweit relevant, als dass die vorläufige Aufhebung bereits jetzt ein großer Erfolg für die extreme Rechte ist und ihr Selbstbewusstsein weiter stärken dürfte.

 Der Autor ist Mitglied des Redaktions-kollektivs des Antifaschistischen Infoblatts. Infos: antifainfoblatt.de