Die passende Antwort
18. Juni 2018
Verfassungsschutzpamphlete illustriert und kommentiert
Unsere Freundin Marily Stroux wehrt sich! Das ist an und für sich nichts Neues. Sie, die seit Mitte der Achtziger so gut wie jede Aktion der Hamburger Linken als Fotografin und auch sonst solidarisch parteiisch begleitete, hat sich zahllose Male mutig und konsequent gegen Polizeiwillkür behauptet, an Ort und Stelle, notfalls auch als Klägerin vor Gericht.
Aber dieses Mal geht es um sie selbst. Es hatte so unspektakulär begonnen: Marily Stroux, die seit 35 Jahren als Griechin in Hamburg lebte, entschied sich um 2013 für die Einbürgerung und fragte beim Hamburger Amt für Verfassungsschutz an, was man dort über sie gespeichert hat. Drei (3) Jahre später erhielt sie die Antwort, einen fünfseitigen Brief. Und diesen macht sie jetzt uns allen zugänglich, indem sie ihn in Text und Bild kommentiert, »damit« – schreibt sie – »jeder Mensch, der nie so einen Brief bekommen wird, es lesen kann.«
So entsteht ganz nebenbei eine beispiellose Chronik von über 30 Jahren BRD-Geschichte, soweit sie sich in Hamburg abspielte: der Häuserkampf, der nicht nur in der Hafenstraße erfolgreich endete, die Rote Flora, die Solidaritätskampagne für die Gefangenen aus der RAF, die großen antirassistischen Aktionen in der Zeit der rassistischen Anschläge in den 90ern, antirassistische Alltagsarbeit in Flüchtlingsunterkünften, mit Flüchtlingskindern und minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen, der Widerstand gegen G8, G7 und G20., und immer, immer wieder Aktionen gegen alte und neue Faschisten.
Oben auf jeder Seite ein Zitat aus dem VS-Brief; zu dessen Gegenstand schafft Stroux in Text und Foto ihre eigene Sichtweise. Die Texte sind umso authentischer, als sie nur ganz behutsam lektoriert wurden. Hier entwickelt eine europäische Internationalistin in Antwort auf die Provokation der Totalüberwachung – auch noch die allerletzte Unterstützung einer Petition wurde registriert – ihre Vorstellung einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft.
Marily Stroux schreibt: »Juristisch klage ich, dass alles gelöscht wird. Wie das Gericht entscheiden wird, wird sich zeigen. Aber ich mache nicht eine Broschüre, um ein Gericht zu überzeugen, sondern um mir danach sagen zu können: ich habe die passende Antwort gegeben.« Das hat sie – ganz bestimmt, eine ganz wichtige und unbedingt lesenswerte dazu.