Gar nicht zurückhaltend
17. Dezember 2018
Bemerkenswertes bei der Verurteilung eines Antifaschisten
Ein bekannter Antifaschist, der Heidelberger Lehrer Michael Csaszkóczy, wurde bei einer öffentlichen Veranstaltung der AfD offenbar wegen seiner antifaschistischen Einstellung vom Veranstalter des Saales verwiesen. Weil er diesem Hinauswurf nicht sofort nachkam, schritt die Polizei ein und trug den Delinquenten hinaus.
Soweit möglicherweise durchaus AfD-üblich, wenn auch nicht unbedingt nötig, dass Polizisten sich als Vollstrecker von AfD-Forderungen betätigen. Aber auch das mag, wie ähnliche Fälle belegen, nicht direkt unüblich sein. Doch der Vorfall hat Weiterungen: Die AfD erstattete trotz des polizeilich durchgesetzten Abgangs Anzeige wegen Hausfriedensbruch und die Justiz wurde tätig.
Dabei geschah Bemerkenswertes: Der Fall wurde entgegen dem Geschäftsverteilungsplan kurzfristig der Amtsrichterin Julia Glaser übertragen. Sie verurteilte den antifaschistischen Übeltäter zu einer Geldstrafe von 1.600 Euro. Die Richterin ist die Schwiegertochter des bekannten AfD-Politikers Albrecht Glaser.
Natürlich soll hier keine Sippenhaft betrieben werden. Als verantwortliche Richterin hätte sich Frau Glaser jedoch für befangen erklären können. Das wäre durchaus nicht unüblich gewesen. Stattdessen zeigte sie sich forsch und entschlossen. Entlastungszeugen wurden von ihr nicht zugelassen. Der Sachverhalt sei »ausreichend geklärt«, verkündete sie, nachdem sie Polizei und AfD angehört hatte. Csaszkóczy wurde von ihr zum »Rädelsführer der gesamten Heidelberger Linken« erklärt.
Schließlich schaltete sich Julia Glasers Familie selbst noch ein: Die Mutter der Richterin, eine stadtbekannte FDP-Politikerin, empörte sich in einem Leserbrief an die lokale Zeitung, dass diese »einseitig« über den Fall berichtet habe.