Ariernachweise bei Burschen

geschrieben von Michael Csaszkóczy

5. September 2013

Die »Elite der Untertanen« knietief im braunen Sumpf

Sept.-Okt. 2011

Bejubelt von einem Großteil der verbindungsstudentischen Szene wurde der vom Ausschluss bedrohte Mannheimer Burschenschafter Kai Ming Au, als er in einem Interview den Nazislogan herunterbetete, er sei stolz, Deutscher zu sein, und zusätzlich anfügte, er sei auch stolz, seinem Vaterland mit der Waffe in der Hand gedient zu haben. Diese nur geringfügig modernisierte Version des Dumpf-Nationalismus ist so recht nach dem Geschmack der studentischen Verbindungsbrüder.

Mitte Juni geriet die Deutsche Burschenschaft (DB) bundesweit in die Schlagzeilen. Bünder aus dem extrem rechten Zusammenschluss »Burschenschaftliche Gemeinschaft« hatten den Ausschluss der Burschenschaft Hansea Mannheim aus dem Dachverband gefordert, weil diese den Studenten Kai Ming Au aufgenommen habe, dessen Eltern aus China stammen. Begründet wurde das von den verbindungsstudentischen Rassekundlern damit, dass Au »eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie« aufweise und daher »die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung und damit eine nichtdeutsche Abstammung« abzuleiten sei. Ein Rechtsgutachten des obersten Gremiums der DB bestätigte den nationalen Brüdern ihre »Rechtsauffassung«. Ein verbandsinterner Aufschrei oder gar irgendeine Form der Distanzierung blieb aus. Erst als der mediale Druck und die öffentliche Empörung zu groß wurden, machte die DB einen vorsichtigen Rückzieher. Der Antrag wurde zurückgezogen und das Rechtsgutachten vorsichtig korrigiert – obwohl auch nach der aktuell gültigen Version die Abstammung zentrales Kriterium für die DB-Mitgliedschaft bleibt.

Auf dem diesjährigen Burschentag hat die Deutsche Burschenschaft endgültig ihre völkischen Hosen heruntergelassen. Dass das, was darunter zum Vorschein kam, tiefbraun ist, konnte niemanden überraschen, der sich nur ein wenig mit dem verbindungsstudentischen Milieu beschäftigt. Die DB und ihre Mitgliedsbünder gelten selbst innerhalb des Verbindungsspektrums als ganz weit rechts stehend. Burschenschaften fallen seit Jahrzehnten durch neonazistische Netzwerkpflege und völkische Tabubrüche auf. Damit stehen sie durchaus in einer geradlinigen historischen Tradition. Bereits 1920 – die NSDAP war noch eine gerade erst gegründete Splittergruppe – beschloss der Burschentag in Eisenach, nur noch deutsche Männer aufzunehmen, die »frei von jüdischem oder farbigem Bluteinschlag« seien. Und nach der Machtübergabe 1933 jubelten die »Burschenschaftlichen Blätter«, das Verbandsorgan der DB: »Was wir seit Jahren ersehnt und erstrebt und wofür wir im Geiste der Burschenschaft von 1817 jahraus, jahrein an uns gearbeitet haben, ist Tatsache geworden.«

Seit die »Burschenschaftliche Gemeinschaft« 1971 das Ruder im Verband übernommen hat, gilt der »volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff« als Geschäftsgrundlage des Verbandes. Die faschistischen Aktivitäten, die einige Burschenschaften sogar ins Visier der auf dem rechten Auge wahrlich nicht besonders scharfsichtigen Verfassungsschutzbehörden brachten, sind also keineswegs Zufall, sondern entsprechen durchaus der Beschlusslage des Verbandes.

Tatsächlich ist die verbindungsstudentischen Auseinandersetzung um die »Ariernachweise« in der DB im wesentlichen ein Streit zwischen zwei verschieden Konzeptionen des völkischen Nationalismus. Gemeinsames Anliegen ist weiterhin das, was der frühere CDU-Innenminister Kanther als Alter Herr des Corps Guestphalia et Suevoborussia im Jahr 1990 so formulierte: »Wir wollen auch weiterhin national gesinnte Menschen in alle führenden Berufe unserer Gesellschaft entsenden«.

Während die Mehrheit der Studentenverbindungen erkannt hat, dass das Beharren auf »Ariernachweisen« zur Zeit einem Posten an der Spitze der Gesellschaft ( zumindest noch) eher hinderlich ist, beharrt ein Großteil der Korporationen in der DB weiterhin auf der Konzeption des Volkes als Blutsgemeinschaft. Beiden Ansätzen gemeinsam ist dabei, dass die (jeweils in unterschiedlichen Nuancen definierte) Zugehörigkeit zum deutschen Volk als Gegenbegriff zu Gesellschaftsvertrag und Staatsbürgernation gesetzt wird, die sich seit der Französischen Revolution von 1789 in aufgeklärten Gesellschaften als Denkkategorien durchgesetzt haben. Die Mehrheit der Korporierten deshalb als »liberal-konservativ« oder gar »liberal« zu bezeichnen, ist ein Missverständnis. Erkennbar ist aber auch die Bestrebung, es sich mit der traditionellen Nazi-Version nicht endgültig zu verderben. Und so wird es wohl weiterhin viele fröhliche gemeinsame Pauk- und Saufabende der übrigen Korporationen mit den völkischen Krawallbrüdern von der Deutschen Burschenschaft geben.