Braune Wurzeln

geschrieben von Dorothée Menzner

5. September 2013

Aus der NSDAP in den niedersächsischen Landtag

Jan.-Feb. 2009

Dr. Hans- Peter Klausch

»Braune Wurzeln – Alte Nazis in den niedersächsischen Landtagsfraktionen von CDU, FDP und DP«

Herausgeber: Die Linke, Fraktion im Niedersächsischen Landtag.

Die Broschüre kann aus dem Internet heruntergeladen werden: »Braune Wurzeln …«.

Im Auftrag der niedersächsischen Landtagsfraktion der Linken hat der Historiker Dr. Hans- Peter Klausch eine Broschüre zur NS- Vergangenheit von niedersächsischen Landtagsabgeordneten der Nachkriegszeit erstellt. In den gut 60 Jahren bundesrepublikanischer Landtagsgeschichte ist dies die erste mir bekannte Forschungsarbeit zur politischen Vergangenheit von Abgeordneten im Faschismus. Diese Tatsache allein macht die Broschüre schon bemerkenswert.

Angestoßen wurde die Untersuchung unbewusst und vermutlich unwillentlich im Mai 2008 durch den CDU-Landtagsabgeordneten und parlamentarischen Geschäftsführer Dr. Bernd Althusmann, als er im Parlament erklärte: »… Meine Damen und Herren, die CDU hat ihre geistigen und politischen Wurzeln im christlich motivierten Widerstand gegen den Terror des Nationalsozialismus. Das ist die Wahrheit.«

Diese erstaunliche Sichtweise ließ die Fraktion der Linken genauer unter die Lupe nehmen. Die Recherchen von Dr. Klausch ergaben, dass von den 297 Abgeordneten, deren Biografien er im Bundesarchiv und im Berlin Document Center abglich, 71 nachweisbar NSDAP-Mitglieder waren, zwölf sogar schon in der sogenannten »Kampfzeit« vor 1933. Aber auch Belege für SA- und SS-Mitgliedschaften fanden sich. Exemplarisch an einigen ausgewählten Biografien werden die Verstrickungen dargestellt und den Angaben im 1996 herausgegebenen biographischen Lexikon des Landtages gegenübergestellt. Dort ist davon nämlich nicht die Rede.

CDU am rechten Rand

Dass die hessische CDU – innerhalb der Gesamt-Union der wohl rechteste Landesverband, auch »Stahlhelmflügel« genannt – nicht nur fortgesetzte Nähe und Verbindungen zum Rechtsextremismus aufweist, sondern rechtsextrem eingestellte Personen und Positionen in dieser CDU auch ansässig sind, listet eine im Dezember 2008 veröffentlichte 24-seitige Studie der Landtagsfraktion der hessischen Linken auf. In ihr wird darauf hingewiesen, dass Nationalkonservatismus, autoritäres Staatsverständnis und Neoliberalismus zu den Fundamenten dieser nach rechts orientierten Politik gehören, die rechtsextreme Positionen verwendet und damit auch fördert.

Titel: »Brutalst mögliche Politik: Die Hessen-CDU am rechten Rand«.

Die Arbeit erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der unbefriedigende Erschließungszustand der NSDAP Mitgliederkartei ist dabei ebenso zu berücksichtigen wie die Tatsache, dass nur rund 80 Prozent der Kartei erhalten sind. Es ist durchaus möglich, dass die tatsächliche Zahl von NSDAP-Mitgliedschaften niedersächsischer Landtagsabgeordneter deutlich höher ist.

Die zusammengetragenen Fakten untermauern die Notwendigkeit, wie von der Linken vorgeschlagen, eine interfraktionelle Landtagskommission zu bilden, die diesen Aspekt der Geschichte aufarbeitet und das biographische Lexikon des Landtags entsprechend überarbeitet.

Die 24seitige Broschüre belegt, dass die Zahl faschistischer Täter, die in der jungen Bundesrepublik, auch in herausgehobenen politisvhen Funktionen, ihre Karrieren fortsetzten, nicht zu unterschätzen ist. Diese Wahrheit mag für die betreffenden Parteien unangenehm sein, sie aber in den Blick zu nehmen, sich ihr zu stellen und sie aufzuarbeiten ist unumgänglich, wollen sie heute mit ihrem Eintreten gegen Faschismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit glaubwürdig erscheinen.