Buchenwalder Lebensbilder

geschrieben von Gerd Deumlich

5. September 2013

Von beeindruckender Authentizität und Aktualität

Juli-Aug. 2008

Peter Hochmuth, Gerhard Hoffmann

Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen, Lebensbilder, in der Reihe: Texte/Rosa-Luxemburg-Stiftung, Band 35, mit 58 Abbildungen

Am 17. Juni beschloss das Bundeskabinett das »Gedenkstättenkonzept« des Kulturstaatsministers Neumann. Das Lob als ein »Meilenstein der Erinnerungsarbeit« hat es sich wohl dadurch verdient, dass da breiten Raum die »Erinnerung an die SED-Diktatur« einnimmt hier bestehe »Nachholbedarf« , während es beim »NS-Gedenken« eine »gewachsene Struktur« gebe.

Nun gibt es Erfahrungen genug, wie solche, hier regierungsoffiziell betriebene Handhabung der Totalitarismus-Doktrin auf die diskreditierende Entstellung des antifaschistischen Widerstandes hinausgeht. Da haben literarische Zeugnisse einen unschätzbaren Wert, die der Verklärung des Faschismus durch Geschichtsrevisionismus die Wahrheit entgegensetzen, wie die Lebensbilder von achtzehn ehemaligen deutschen KZ-Häftlingen, die Peter Hochmuth und Gerhard Hoffmann herausgegeben haben.

So unterschiedlich die Biografien dieser Menschen sind, ist ihnen eines gemeinsam: Alle gingen durch die Hölle von Buchenwald, die die Nazis in der idyllischen Landschaft auf dem Ettersberg bei Weimar angelegt hatten. 100.000 Menschen aus vielen Ländern Europas kamen hier ums Leben, ermordet, verhungert, Opfer von »Medizinexperimenten«, Verzweifelte, die ihrem Leben selbst ein Ende setzten. Von den Achtzehn, die von dem barbarischen KZ-Regime zeugen, waren einige aktiv an der bewaffneten Selbstbefreiung des Lagers am 11. April 1945 beteiligt. Fast alle waren unter den 21.000 Überlebenden, die auf dem Befreiungsmeeting im Lager den Schwur von Buchenwald leisteten: »Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel«. Einige von ihnen sind immer noch aktiv, um der jungen Generation die Wahrheit über den Faschismus zu vermitteln.

Gegen die Verfälschung deutscher Geschichte, wofür die KZ-Gedenkstätte Buchenwald ein bevorzugtes Objekt ist, bezeugen ehemalige Buchenwalder, wie sie, aus der KPD, der SPD, der SAP kommend, aus der Erfahrung mit dem aufkommenden Faschismus vom ersten Tage an organisierten Widerstand gegen die Nazi-Diktatur leisteten. Tatsachen gegen die Auslöschung des Arbeiterwiderstandes im offiziellen Geschichtsbild. Dafür steht das Lebensbild eines Offiziers, der zur Verschwörung des 20. Juli gerechnet wurde und aus seiner eigenen Erfahrung den Schwur von Buchenwald »zu meinem eigenen machte«.

War die faschistische Kriegspolitik ein entscheidender Antrieb zum Widerstand, erlebten sie einige als Sklaven der Rüstungsindustrie in den Stollen von Buchenwald-Mittelbau/Dora, wo die Faschisten die V-Waffen für den »Endsieg« bauen ließen. Und mit diesem Kriegswahnsinn glaubt man heute das antifaschistischen Regime der DDR gleichsetzen zu können!

Die Infamie dieser antikommunistischen Masche belegen auch die Lebensbilder der Verfolgten jüdischer Herkunft, der »Zigeuner«, des »Negerbastards« Opfer des Rassismus, der sich in den unvergleichlichen Völkermordverbrechen das deutschen Faschismus austobte. Solche Menschen bezeugen, dass Kommunisten, die im Lager die Solidarität gegen die SS-Schergen organisierten, ihnen das Leben retteten. Entgegen den verleumderischen Legenden über die »roten Kapos«.

Großen Respekt für alle Achtzehn, die mit ungebrochenem antifaschistischem Engagement ihre Sache verteidigen bis ins Heute, da der Schwur von Buchenwald noch gegen neonazistische Exzesse und gezielt verbreitete Vorurteile und Lügen verfochten werden muss.