Der bessere Verfassungsschutz

geschrieben von Christian Rethlaw

5. September 2013

Falsches »verbessert« bleibt falsch – deshalb hilft nur
abschaffen

Sept.-Okt. 2012

»Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist schlimmstenfalls gefährlich, in jedem Fall ist es entbehrlich.

So einzigartig wie das Bundesamt in der westlichen Welt, so anrüchig, ja obszön ist die Biografie dieses Amtes. Bis heute ist nicht klar, ob in seinen Anfangsjahrzehnten nur 500 oder doch eher 800 ehemalige Nazis für Bundes- und Landesämter gearbeitet haben…

Der Kalte Krieg ist längst zu Ende. Das gilt auch für das Bundesamt für Verfassungsschutz: Es ist vorbei.«

(Leitartikel der »Frankfurter Rundschau« vom 30.8.2012)

»…inzwischen wird gefragt, ob Verfassungsschutzämter, als Behörden geheimer Selbstbeschäftigung und wechselseitigen Misstrauens, nicht besser abgeschafft würden.«

»Frankfurter Allgemeine«, 30.8.2012

Viel Zeit ist bereits vergangen, seit die Mordtaten der Neonazi-Gruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« und die damit verbundene behördliche Untätigkeit aufgedeckt wurden. Erfahren haben wir seitdem einiges über verschwundene und vernichtete Akten bis hin zur Enthüllung, dass Polizeibeamte aus unmittelbarer Nähe der ermordeten Polizistin Ku-Klux-Klan-Mitglieder waren (und noch immer Polizeibeamte sind) und dass in Thüringen mindestens ein Polizeibeamter an Treffen des neonazistischen »Heimatschutzes« teilnahm und für ihn Spitzeldienste leistete – um anschließend vom Verfassungsschutz als »V-Mann-Führer« übernommen zu werden.

Grundlegende Aufklärung darüber, warum Polizei und Verfassungsschutz auf der rechtsradikalen Seite nichts sehen konnten oder wollten, fehlt nach wie vor. Was es inzwischen gegeben hat, sind einige Personalwechsel. Ansonsten ist Bundesinnenminister Friedrich dabei, den Verfassungsschutz ausbauen, zentralisieren und »verbessern« zu wollen.

Bei den gravierenden »Versäumnissen« in der (Nicht-)Bekämpfung der Neofaschisten geht es jedoch nicht um Mängel an Technik und Organisation, sondern um die verfehlten Grundlagen dieses Geheimdienstes: Er ist und bleibt ein Produkt des Kalten Krieges, aufgebaut und anfangs geführt von Ex-Nazis, orientiert daran, dass der Feind links steht. Dass es dabei bleiben soll, zeigt das angekündigte zentrale »Abwehrzentrum« für »Links«- und »Ausländerextremismus«. Auch das V-Leute-Unwesen soll beibehalten, nur zentralisiert werden.

Organisatorische Veränderungen zur Steigerung der Effizienz bedeuten, dass der ideologische Zustand dieses Geheimdienstes nicht verändert, eher verstärkt wird. Deshalb bleibt nur die Schlussfolgerung: Der beste Schutz der Verfassung ist die Abschaffung dieses Verfassungsschutzes. Schon heute liefern antifaschistische Dokumentationszentren und Initiativen bessere Informationen über Neonazis und deren Aktivitäten.

Ebenfalls eine Handreichung zur Abschaffung dieses Verfassungsschutzes und zum Aufbau eines gänzlich anderen »Republikschutzes« haben Claus Leggewie und Horst Meier in ihrem Buch »Nach dem Verfassungsschutz« entwickelt.