Der Sarraziner

geschrieben von Thomas Willms

5. September 2013

Sept.-Okt. 2011

Die Attentate von Oslo und Utøya erinnern – nicht, wie die Medien in erster Einordnungsnot meldeten, an islamistische Attentäter – sondern vielmehr an US-amerikanische Vorbilder: die Bombe von Oslo an Timothy McVeighs rechtsradikal motivierten Anschlag auf das Regierungsgebäude in Oklahoma 1995; das Massaker auf Utøya an auf den Selbstmord hinauslaufende Amokläufe an amerikanischen High-Schools und Universitäten. Doch der letzte Vergleich hinkt schon wieder, denn der Attentäter lebt noch, ist anscheinend hochzufrieden mit sich selbst und wartet im Gefängnis auf den Ausbruch des von ihm erwünschten »Rassenkrieges«.

So töten wie Anders Breivik kann man indes nur, wenn man seine Opfer zu Objekten herabwürdigt, sie völlig verdinglicht. Gerade dies ermöglichte ihm die Effizienz seiner einstündigen Tötungsaktion. Dies und seine Motivation machen ihn gemein mit den SS-Männern. Sein Attentat war ein dezidiert politisches. Es richtete sich nicht gegen irgendwelche Jugendliche, sondern gegen Mitglieder der sozialdemokratischen Jugendorganisation und gegen die Mitglieder der norwegischen Regierung, ebenfalls Sozialdemokraten.

Irgendwie scheint aber dies nicht recht in die medialen Verwertungsmechanismen zu passen. »Eiskalter Todesengel« mag noch angehen, aber »konsequenter Vollstrecker rechtspopulistischer Entwertungsreden«? Das ist wohl doch zu nah an der Wahrheit. Auch Einzeltäter, wie es Breivik anscheinend einer gewesen ist, verrichten ihre Taten gern vor dem Hintergrund einer politischen Grundströmung. Diese grassiert in Europa und sitzt in den Parlamenten, auch im norwegischen.