Der Stadt eine Ehre

geschrieben von Hans Canjé

5. September 2013

Buchenwald-Deportierter Bertrand Herz wurde Ehrenbürger von Weimar

Nov.-Dez. 2009

Die Stadt Weimar hat dem Präsidenten des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, dem Franzosen Bertrand Herz, die Ehrenbürgerschaft verliehen. Ein in mehrfach bemerkenswertes Ereignis und eine verpflichtende Bürde zugleich. Wurde hier doch ein Mann geehrt, dessen Schicksal in ganz besonderer Weise mit dieser Stadt verbunden ist.

Der 1930 als Kind jüdischer Eltern geborene Bertrand Herz war am 4. Juli 1944 mit seinen Eltern und seiner ältesten Schwester in Toulouse von der Gestapo verhaftet, interniert und mit seinem Vater in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert worden. Mutter und Schwester wurden in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück verschleppt. Die Mutter kam im Dezember 1944 in Ravensbrück ums Leben, die Schwester überlebte. Bertrand und sein Vater mussten in einem Außenlager Buchenwalds Zwangsarbeit bei der Montage von Junkersflugzeugen leisten. Der Vater starb dort am 27. Januar 1945. Am 10. April 1945 kam Herz zurück ins Hauptlager Buchenwald und erlebte dort einen Tag später die Selbstbefreiung des Lagers durch die Häftlinge.

Weimar begrüße, wie Oberbürgermeister Stefan Wolf (CDU) in seiner Laudatio betonte, mit dieser Ehrenbürgerschaft »den Ehrenbürger und alle ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers mit Freude und Dankbarkeit als gleichberechtigte Bürger Weimars«. Die Stadt schöpfe Kraft von Bertrand Herz und seinem 2001 verstorbenen Vorgänger in diesem Amt, Pierre Durand sagte Wolf, »wenn wir gegen Rechts auf die Straße gehen«. Aber auch, »wenn wir uns gegen Geschichtsabwickler wie einem Herrn Schäfer beim Bundesbeauftragten für Kultur zur Wehr setzen«. Der OB spielte damit auf den Ministerialrat Prof. Hermann Schäfer an, der bei der Eröffnungsveranstaltung des Kunstfestes Weimar 2006 Ende August 2006 für einen Eklat gesorgt hatte. In der traditionell dem »Gedächtnis Buchenwald« gewidmeten Eröffnungsrede hatte er die Geschichte des faschistischen KZ-Lagers völlig ignoriert und sich vor den Gästen, darunter Überlebende des KZ, ausschließlich über Deutschland durch die Vertreibung widerfahrenes Leid ausgelassen.

Just jenes Verdrängen der faschistischen Verbrechen verbunden mit der »politischen Instrumentalisierung des Erinnerns und des Gedenkens« hatte Bertrand Herz und die Präsidenten der Internationalen KZ-Verbände Dachau, Sachsenhausen, Bergen-Belsen, Flossenbürg, Ravensbrück und Neuengamme, veranlasst, sich am 27. Januar dieses Jahres, am Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz, in Berlin in einem gemeinsamen Vermächtnis dagegen zu wenden, »daß Schuld gegeneinander aufgerechnet, Erfahrungen von Leid hierarchisiert, Opfer miteinander in Konkurrenz gebracht und historische Phasen miteinander vermischt werden«.

Bertrand Herz, seit 2001 Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, hatte dieses Vermächtnis »Erinnerung bewahren – authentische Orte erhalten – Verantwortung übernehmen« am 14. Juli dem Weimarer Stadtrat »zum Angedenken und zur Mahnung« überreicht und, wie Oberbürgermeister Wolf betonte, »als unvergängliches Erbe, als Aufgabe für Gegenwart und Zukunft«.

Das gilt nicht nur für Weimar. Alle Europäischen Staaten und die internationale Gemeinschaft, werden in diesem Vermächtnis aufgerufen, »die menschliche Gabe der Erinnerung und des Gedenkens auch in der Zukunft zu bewahren und zu würdigen«. An die jungen Menschen geht die Bitte, »unseren Kampf gegen Nazi-Ideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante Welt fortzuführen, eine Welt, in der Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben sollen«.