Die ersten Vorspiele?

geschrieben von Ernst Antoni

5. September 2013

Freisprüche und Nazi-Provokationen in Münchner
Gerichtsräumen

Jan.-Feb. 2013

Der Vorfall lag ein knappes Jahr zurück. Eine Neonazi-Demo für »nationalen Widerstand und deutsche Freiräume«, zeitweise beschallt mit der »Paulchen-Panther«-Melodie. Das Lied, mit dem die NSU-Terroristen ihr Bekennervideo bestückt hatten, wurde als Auftakt der Rede des mehrfach vorbestraften Norman Bordin gespielt. Er und ein Beteiligter, der die Musikanlage bedient hatte, standen nun in München vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft sah in den Vorgängen eine Billigung der NSU-Mordtaten.

Aber nein, meinte laut Süddeutscher Zeitung die Verteidigung. Hatte Bordin doch in seiner Rede gesagt, man habe »kein Interesse Menschen zu töten oder Bomben zu legen«. Dem Gericht lag eine entsprechende Tonaufnahme vor. Es mochte zwar nicht direkt der Verteidigung folgen, die im Lied-Abspielen eine »Distanzierung von Gewalttaten« sah, fand den Vorgang »provokant« und »geschmacklos«, das vom Redner geäußerte angebliche Desinteresse an Töten und Bombenlegen reichte ihm dennoch aus für zwei Freisprüche.

An »längst vergangene Zeiten« erinnert fühlte sich ein Kommentator der Zeitung. Er bezog sich hier nicht auf das Urteil (was durchaus auch seine Berechtigung gehabt hätte), sondern auf die weiteren Vorkommnisse bei diesem Prozess. Hatten die dort als Zuschauer zahlreich anwesenden Neonazis doch nicht nur für allerlei Tumult gesorgt, ohne dass es zu einer Räumung des Saales kam, sie hatten überdies Pressefotografen und Kameraleute des Bayerischen Rundfunks attackiert und deren Kameralinsen mit fettigen Substanzen beschmiert. Justizbeamte verhielten sich angesichts dieser Übergriffe – milde ausgedrückt – äußerst zurückhaltend.

Im April soll in München der große »NSU-Prozess« beginnen. Die ersten Vorspiele scheinen Anfang Januar schon stattgefunden haben.