Extremismusklausel vor Gericht

geschrieben von Eberhard Schultz

5. September 2013

akubiz Pirna siegte vor dem Verwaltungsgericht Dresden

Mai-Juni 2012

Eberhard Schultz (www.menschenrechtsanwalt.de) ist Vorstandsmitglied der Internationalen Liga für Menschenrechte und im Republikanischen Anwältinnen und Anwälteverein (RAV) tätig

Einigen Wirbel verursachten Pressemeldungen über ein Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 25. April 2012. Damit wurde die von Zuwendungsempfängern im Rahmen des Bundesprogramms »Toleranz fördern – Kompetenz stärken« geforderte »Einverständniserklärung zur freiheitlich- und demokratischen Grundordnung«, die so genannte Extremismusklausel oder Demokratieerklärung, für rechtswidrig erklärt. Sehen wir uns das – soweit gegenwärtig ohne Vorliegen der Urteilsgründe möglich – genauer an. In der offiziellen Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts heißt es:

»Ein gemeinnütziger Verein hatte dagegen geklagt, dass für das Jahr 2011 eine Förderung in Höhe von 600 € an die Bedingung geknüpft war, eine als Formblatt beigefügte Erklärung zu unterzeichnen: In dieser sollte er nicht nur erklären, dass er sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit gewährleistet (Satz 1). Der Verein sollte darüber hinaus bestätigen, im Rahmen seiner Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten (Satz 2). Zudem sei ihm bewusst, es dürfe keinesfalls der Anschein erweckt werden, dass einer Unterstützung extremistischer Strukturen durch die Gewährung materieller oder immaterieller Leistungen Vorschub geleistet werde (Satz 3). Die sich auf Dritte beziehenden Forderungen in den Sätzen 2 und 3 der Bestätigung wurden von den Richtern als zu unbestimmt angesehen, weil z. B. unklar ist, wer etwa ›Partner‹ ist und welches Verhalten dem Verein konkret abverlangt wird.«

Das ist sicherlich erst einmal ein Erfolg für den Verein. Allerdings wurde die Berufung zum sächsischen Oberverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Wie eine eventuelle Entscheidung des Obergerichts aussehen würde, ist nicht vorherzusehen. Auch wäre selbst eine positive Entscheidung nicht bindend für ähnliche Fälle in anderen Bundesländern. Vor allem aber sieht es aus, als beschränke sich die Begründung der Unwirksamkeit der Klausel auf deren »Unklarheit«, es wurde also nicht festgestellt, dass das Verlangen nach entsprechenden Erklärungen generell unzulässig wäre. Außerdem hält das Verwaltungsgericht offenbar den S. 1 der geforderten Erklärung – neben dem Bekenntnis zur »fdGO« die Gewährleistung einer den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit – für durchaus zulässig. Damit wären den » Verfassungs-Hüterinnen« à la Schröder durchaus »Nachbesserungen« möglich.

Wer den demokratischen und antifaschistischen Kampf konsequent ohne die Fesseln einer »Anti-Extremismus-Bindung« fortführen will, ist also aufgerufen, parlamentarisch und außerparlamentarisch weiter gegen alle Formen von »Extremismusklauseln« zu kämpfen.