Hohn für die Opfer

geschrieben von Gerhard Fischer

5. September 2013

Bundesregierung beharrt auf skandalöser Entschädigungspraxis

Juli-Aug. 2008

Die Erklärung der VVN-BdA findet sich im Internet auf der Website des Verbandes (www. vvn-bda.de)

Unbeschreibliche Gräueltaten verübten im Zweiten Weltkrieg Hitler-Wehrmacht und Waffen-SS im okkupierten Griechenland und in Italien, das 1943 von der faschistischen »Achse« abgefallen war: Zivilisten wurden zu Hunderten und Aberhunderten als Geiseln hingemetzelt, ganze Gemeinden ausgelöscht, italienische Soldaten in großer Zahl erschossen oder als »Militärinternierte« verschleppt und anschließend als Sklavenarbeiter für die nazideutsche Kriegführung missbraucht.

Seit Jahren fordern die Opfer dieser Untaten oder ihre Hinterbliebenen, dass sie von deutscher Seite entschädigt und dass die Kriegsverbrecher bestraft werden. Hohe Gerichte ihrer Heimatländer gaben ihnen Recht, so erst jüngst wieder höchste italienische Richter. Doch die Bundesrepublik stellt sich blind und taub. Sie, die doch so vernehmlich die Rechtsnachfolge der vorangegangenen deutschen Staaten vom Bismarck- bis zum Hitlerreich für sich reklamiert, erklärt sich für unzuständig, wenn es um die damit verbundene Pflichtennachfolge geht, ganz zu schweigen von der moralischen Verantwortung, zumal wenn sich gar finanzielle Konsequenzen damit verbinden.

Das tut die Bundesrepublik regelmäßig, wenn sie individuelle Forderungen mit dem Hinweis auf die »Staaten-Immunität« zurückweist, und das tat der Bundestag, als er beispielsweise im Gesetz über die Zwangsarbeiter-Entschädigung formulierte, Kriegsgefangenschaft begründe keinen Leistungsanspruch. Wenn Hitler den italienischen Militärinternierten wie den Angehörigen der Roten Armee den Status von Kriegsgefangenen aberkannt habe, damit sie zur Zwangsarbeit eingesetzt werden konnten, so habe dieser Erlass geltendes Völkerrecht verletzt, und aus rechtswidrigen Hoheitsakten könnten sich keine Rechte ergeben.

Ein niederträchtigeres Beispiel dafür, wie Recht mit einem billigen Trick verdreht werden kann, lässt sich kaum denken. Doch wer den Schaden hat, wird von der Bundesregierung auch noch verspottet: Die Opfer der Nazigräuel oder ihre Nachfahren hätten doch, statt daheim vor Gericht zu ziehen, ihre Ansprüche bei der deutschen Justiz einklagen können, lässt sie ihnen nun in ihrer Stellungnahme zu dem neuen italienischen Urteil bedeuten als ob sie damit nicht schon Mal für Mal gescheitert wären, ähnlich wie etwa die Opfer des Überfalls der bundesdeutschen Luftwaffe auf Varvarin während der US- und NATO-Aggression gegen Jugoslawien!

Ihren Tiefpunkt erreicht die Bundesregierung mit einer Stellungnahme, in der sie ankündigt, sie werde ihrerseits beim Internationalen Gerichtshof gegen die italienischen NS-Opfer zu Felde ziehen, um deren Verlangen abzuwehren. Schlimmer geht’s nimmer!

Die VVN-BdA steht schon immer an der Seite der Zwangsarbeiter wie der ausländischen Opfergemeinden: Sie entsandte Delegationen in die betroffenen Länder; sie machte im vorigen Jahr den Justizministern der bundesdeutschen Länder die in Italien rechtskräftig verurteilten Naziverbrecher, die in der Bundesrepublik bisher unverfolgt blieben, mit Straße und Hausnummer namhaft; sie demonstrierte bei den Jahrestreffen der NS-Gebirgsjäger in Mittenwald dafür, dass die Täter endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Sie hat sich auch jetzt wieder in einer Erklärung ebenso wie die FIR angesichts der empörenden Haltung der Bundesregierung mit den Opfern solidarisiert.

Darin setzt sich die VVN-BdA auch mit dem Einwand auseinander, die Bundesrepublik könne die nötigen Geldmittel nicht aufbringen. »Dazu sind die Unternehmen der Wirtschaft mit heranzuziehen«, wird betont, »die viele Milliarden Mark an den Sklaven verdienten und oftmals durch sie den Nachkriegsreichtum begründeten.«