Intelligenztest oder was

geschrieben von Ernst Antoni

5. September 2013

Politiker, Banker und andere Sommerlöcher

Juli-Aug. 2010

Christine Haderthauer heißt die Familienministerin in Bayern. Sie kommt von der CSU und wäre gern bekannter. Kürzlich hat sie einen Schritt nach vorn gemacht. Die Familienpolitik der FDP, erklärte sie öffentlich, schlingere herum »zwischen Klientelpolitik für Superreiche und sozialistischer Familienpolitik à la Pinochet«. Die Worte fanden über den Freistaat hinaus Beachtung.

Haderthauers Chef und Parteifreund, Ministerpräsident Horst Seehofer, fand sie eher peinlich. Und der CSU-Landesgruppen-Geschäftsführer im Bundestag riet ihr gar, »sich intensiver mit der chilenischen Geschichte zu beschäftigen«.

Oh ja! Der Strauß-Freund Pinochet ein »sozialistischer Familienpolitiker«? Dann wäre doch die einst auch von CSU-Politikern unterstützte »Colonia Dignidad« des Deutschen Paul Schäfer in Chile tatsächlich ein Hort des Teufels gewesen. Und nicht nur eine rechtskonservativ-frömmelnde Anstalt für Kindsmissbrauch und zu Zeiten der Pinochet-Diktatur auch Stützpunkt und Folterkammer des faschistischen Geheimdienstes.

Markus Ferber, MdEP, ebenfalls CSU, und Peter Trapp, innenpolitischer Sprecher der CDU Berlin, kennen auch nicht so arg viele. Am Tag nach dem deutschen WM-Sieg über England brachten sie es aber immerhin auf die Titelseite von »Bild«. Mit der Forderung »Intelligenztest für Einwanderer«. Das vaterländische Zentralorgan aus dem Springer-Konzern konnte ihnen allerdings nur Platz in der unteren Seitenhälfte einräumen. Die obere füllte (»England weggemüllert 4:1«) fast vollständig der intelligente deutsche Satz »Jungs, we love you!«.

Stichwortgeber für die beiden Politiker war wieder einmal Thilo Sarrazin (immer noch Bundesbank-Vorstand, immer noch SPD). »Wir werden auf natürlichem Wege durchschnittlich dümmer«, hatte er festgestellt und dies nicht auf sich, sondern auf die Zuwanderer »aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten und Afrika« bezogen. Die seien alle blöder als »wir« – und gebärfreudiger. Und das vererben die dann auch noch!

Es ist schon wahr: Solcherart Logik schreit eigentlich nach einem Intelligenztest, ebenso wie das historische Wissen und das eigentümliche »Extremismus«-Bild, das hinter der Aussage der bayerischen Ministerin steht. Aber ob Intelligenztests wirklich was bringen, ist wissenschaftlich zu Recht umstritten.

Vielleicht wären Auszeichnungen angebrachter. Der Wettstreit ist eröffnet – als Preis winkt das »goldene Sommerloch«.