Jetzt blockt der Bund

geschrieben von Ernst Antoni

5. September 2013

Das geplante NS-Dokumentationszentrum in München ist
gefährdet

März-April 2007

Noch vor kurzem hat es so ausgesehen als sei der Bau eines NS-Dokumentationszentrums in München (antifa hat darüber berichtet) endlich in trockenen Tüchern. Das Projekt – angestoßen von Prof. Winfried Nerdinger, dem Leiter des Architekturmuseums in der Pinakothek der Moderne – schien unter Mitarbeit kompetenter Wissenschaftler, von Politikern des Freistaats Bayern und der Landeshauptstadt München, von ehemaligen NS-Verfolgten und weiteren Engagierten nach langen Wehen endgültig auf den Weg gebracht.

Ein angemessener historisch-authentischer Ort für solch ein Zentrum in der ehemaligen NS-»Hauptstadt der Bewegung« war gefunden: Das Areal des ehemaligen »Braunen Hauses«, der NSDASP- Zentrale, von der aus das Verhängnis seinen Lauf nahm. Das Grundstück, auf dem das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Gebäude stand, gehört dem bayerischen Staat.

Einig war man sich, dass das künftige Zentrum ein Informations- und Lernort werden müsse. Darüber, wie es dazu kommen konnte, welche gesellschaftliche Strukturen in München und anderswo den Aufstieg Hitlers und die Machtübernahme der NSDAP ermöglicht hatten – und wohin dies letztlich geführt hat. Also auch ein Ort des Gedenkens an die Opfer. Ebenfalls einig schien man sich über die Finanzierung: Ein Drittel, konkret jeweils zehn Millionen Euro, übernimmt die Landeshauptstaat, ein Drittel der Freistaat und ein Drittel kommt aus Bundesmitteln.

Jetzt blockt der Bund. Kulturstaatsminister Bernhard Neumann beruft sich auf eine »Expertenkommission«, über deren Zusammensetzung bisher wenig öffentlich wurde. Diese habe abgelehnt, das Vorhaben aus den Mitteln für die Gedenkstättenförderung zu finanzieren. Begründung laut Süddeutscher Zeitung: »Gedenkstätten sind Opferorte, sie stehen immer in einem Verfolgungszusammenhang. Das trifft hier nicht zu.« So feinsinnig wurde bisher noch nie zwischen Täter- und Opferorten unterschieden, wenn es um historisch-museale Maßnahmen zur NS-Zeit ging.

Da glauben wir doch lieber der Münchner Kulturreferentin: »Der Bund will künftig auch die Gedenkstätten der SED-Diktatur fördern«, wird sie in der SZ zitiert. Da die Mittel im Gedenkstättenförderungs-Topf begrenzt sind, wird es dann wohl eng. Es wird aber auch peinlich. Besucher aus aller Welt strömten wochenlang in Scharen in die Ausstellung »Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München« im Architekturmuseum der Pinakothek.

Deutlich wurde: Der Bedarf nach einem Dokumentationszentrum besteht mehr denn je – und die Bundesregierung kann sich da nicht aus der Verantwortung stehlen. Mal sehen, wie sie das mit ihren Haushalts-Töpfen und ideologischen Präferenzen hinkriegt.