Kölns Rechtsaußen

geschrieben von Phillip Becher und Aaron Bläser

5. September 2013

Die Biedermänner vom Rhein als Brandstifter

März-April 2009

Phillip Becher und Aaron Bläser studieren Sozialwissenschaften und Geschichte an der Universität Siegen. Unter Leitung von Dr. Christoph Busch haben sie sich im vergangenen Jahr mit der parlamentarischen Arbeit der »pro Köln«-Fraktion im Rat der Stadt Köln sowie den Bezirksvertretungen in der ausgehenden Legislaturperiode auseinandergesetzt. Die Ergebnisse werden unter dem Titel »Parlamentsarbeit von ‚pro Köln’« demnächst von der Friedrich-Ebert-Stiftung als Buchpublikation veröffentlicht.

Seit der Kommunalwahl 2004 nutzt die Fraktion »pro Köln« den Kölner Stadtrat als Plattform ihrer rechtspopulistischen Parolen gegen Andersdenkende und ethnische oder religiöse Minderheiten. Damals konnten »pro Köln« 4,7 Prozent (vier Mandate) und die »Republikaner« 0,9 Prozent (ein Mandat) der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen. Seit Ende 2005 sitzt der ehemalige »REP« Breninek mit in der »pro Köln«-Fraktion, die so auf fünf Köpfe anwuchs. Im Gegensatz zu dem, seit den 1990ern vor allem im Falle der DVU zu beobachtenden, Phänomen der Selbstzerfleischung rechtsextremer Parlamentsgruppen stellt sich »pro Köln« als gut funktionierende Einheit dar, der man ein hohes Maß an professioneller Organisation bescheinigen kann.

In jüngster Zeit, wohl mit Hinblick auf den Kommunalwahlkampf, werden die Töne schriller. Der am demokratischen Widerstand zehntausender Bürgerinnen und Bürger gescheiterte Versuch eines »Anti-Islam-Kongresses« im Herbst letzten Jahres sowie der bereits angekündigte Neuanlauf für eine solche Veranstaltung sind hier nur als die prägnantesten Beispiele zu nennen. Auch wenn jetzt mehr Aggression in der Propaganda und der Demagogie der sich selbst als »seriöse Alternative« rechts der CDU darstellenden Formation zu konstatieren ist, so darf alle demokratische Schminke nicht darüber hinwegtäuschen, dass personelle und ideelle Anknüpfungspunkte und Übereinstimmungen auch mit Kräften offen neofaschistischen Charakters stets bestanden und bestehen. So sprach »pro Köln«-Ratsfrau Judith Wolters beispielsweise im Jahre 2006 (ganz im Stile der sächsischen Neofaschisten) von einem »totalen Bombenkrieg auf Köln«. Die einschlägigen Biographien der »pro Köln«-Vertreter, die Verbindungen und ehemalige aktive Mitgliedschaften in NPD, »REP« oder der »Deutschen Liga für Volk und Heimat« aufweisen, lassen die Selbstdarstellung als so genannte »Rechtsdemokraten« in einem eindeutigen Licht erscheinen. Dass als europäische Vorbilder von Seiten »pro Kölns« stets die deutschnationale Strache-FPÖ und der xenophobe und separatistische Vlaams Belang aus Belgien bemüht werden, spricht ebenfalls Bände.

Bei der Untersuchung der parlamentarischen Initiativen »pro Kölns« (das heißt den Anträgen und Anfragen, die sie in der Zeit zwischen 2004 und 2008 in den Stadtrat einbrachten) sowie den Gesprächen mit den Vertretern der demokratischen Stadtratsfraktionen wurde klar, dass das politische Räderwerk der Rechtsaußen in der Regel erst zu arbeiten beginnt, wenn Thematiken angesprochen werden, die Minderheiten, allen voran Muslime, betreffen. An tatsächlicher Sacharbeit besteht kein Interesse. Zwar gibt es von Seiten der »Bürgerbewegung« eine wahre »Antragsflut«, die sich, dem »Law-and-Order-Populismus« der Partei entsprechend, jedoch vor allem um die Themenkomplexe Kriminalität & Sicherheit, Angriffen auf die Stadtverwaltung und andere Parteien sowie Integration & Migration drehen. Das klassische rechtsextremistische Bild des »kriminellen Ausländers« bedienend, liegen besonders viele Themenverbindungen zwischen den Fragen von Kriminalität & Sicherheit und Integration & Migration andererseits vor. Von der Qualität her sind die zahlreichen Anträge oftmals von Unkenntnis geprägt. »pro Köln« setzt jedoch auch und gerade auf außerparlamentarische Aktionsformen, wie z.B. Unterschriftensammlungen gegen den Bau der Ehrenfelder Moschee oder Versuche, sich bei Bürgerprotesten vor Ort an die »Spitze der Bewegung« zu setzen.

Mit der eindrucksvollen antifaschistischen und demokratischen Manifestation im letzten Herbst konnte der »pro«-Bewegung ein erheblicher Schlag versetzt werden. Jedoch ist die Gefahr nach wie vor nicht gebannt. Noch immer sind es zu viele Menschen die meinen, in den Parolen von »pro Köln« Lösungen für ihre subjektiven und objektiven Probleme finden. zu können. Eine effektive Strategie gegen rechts kann nicht im Totschweigen bestehen. Bürgerprobleme, die von Neofaschisten und Rechtsextremisten für ihre Zwecke genutzt werden, dürfen nicht erst dann auf die Agenda der demokratischen Parteien kommen, wenn es schon beinahe zu spät ist. Eine frühzeitige und umfangreiche Information der Bürgerinnen und Bürger und eine Kommunikation mit diesen über die Vorhaben der Politik können Stimmungen, die rechtspopulistischen Agitationen Vorschub leisten, den Boden entziehen.