Lernen am Kreuther Kamin

geschrieben von Ernst Antoni

5. September 2013

Bayerns neuer Ministerpräsident erwärmt sich für ein
NPD-Verbot

Jan.-Feb. 2009

Das oberbayerische Wildbad Kreuth steht oft für Jahresauftakts-Überschriften. Traditionell begibt sich die CSU dorthin in Klausur und sendet aus der Einkehr Signale in die Welt. Schon mancher Freistaats-Ministerpräsident hatte Kühnes zu verkünden. Oft allerdings recht Kurzlebiges – das bundesweite »Vierte-Partei«-Projekt etwa, mit dem die CSU einst der nicht so heiß geliebten großen Schwester CDU drohte.

Der diesjährigen Botschaft sei längere Haltbarkeit gewünscht. Ministerpräsident Horst Seehofer plädierte nach einem Kreuther »Kamingespräch« mit der Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, für eine Wiederaufnahme des Verbotsverfahrens gegen die NPD. Und fügte gleich noch hinzu, man könne das dafür bestehende Hindernis rasch beseitigen: Die V-Leute könnten aus der NPD abgezogen werden, weil diese Partei ihre Verfassungsfeindlichkeit unentwegt ganz offen beweise. Dies zu erkennen bedürfe es keiner Geheimdienst-Erkenntnisse.

Wieder deutlicher ins kritische Blickfeld von Medien und Politik gerückt sind die NPD, ihr Personal und ihr Umfeld nach dem (bei Redaktionsschluss dieser antifa noch nicht aufgeklärten) Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef. Auch im konservativen Spektrum. Das ist begrüßenswert – eine gewisse Verwunderung über manche handelnde Personen eingeschlossen.

So verkündete Christian Schmidt, Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium und CSU-Vorsitzender in Fürth, kürzlich gegenüber »Bild.de«, er wolle dem NPD-Vorsitzenden Voigt dessen Bundeswehr-Reserveoffiziersrang aberkennen: »Wenn die Gesetze nicht ausreichen, um Herrn -Voigt rauszuschmeißen, müssen wir eben die Gesetze ändern!« Starke demokratische Worte.

Schmidt hatte sich bisher der Öffentlichkeit auf andere Art stramm präsentiert: als ein die Wehrmachtstradition auch auf dem Hohen Brendten bei Mittenwald pflegender Gebirgsjäger-Kamerad und als Fan des Legion-Condor-Piloten und Nazi-Fliegerhelden Mölders. Besonders am Herzen liegt ihm, die von der Vorgänger-Bundesregierung veranlasste Umbenennung der Mölders-Kaserne in Neuburg/Donau rückgängig zu machen. Eine Umbenennung, gegen die sich dereinst übrigens auch Horst Seehofer – Neuburg liegt in seinem Wahlkreisgebiet – engagiert hat.

Eigentlich, sollte man meinen, müssten die neuen Einsichten der konservativen NPD-Bekämpfer doch auch das eine oder andere ihrer anrüchigen Weltkrieg-II-Geschichtsbilder ins Wanken bringen. Bedarf es weiterer »Kamingespräche«?