Mangelnde Informationen?

geschrieben von Peter Müller, Chemnitz

5. September 2013

Zum Artikel »Wahlen« in antifa Juli/August 2009

Nov.-Dez. 2009

In dem Artikel »Europawahl 2009« von Graeme Atkinson heißt es in Bezug auf die Tschechische Republik lediglich: »Auch die Tschechische Nationale Partei«, die im Mai die »Endlösung der Zigeuner-Frage« forderte, blieb unter einem Prozent. Indem der Verfasser den Namen und das Wahlergebnis der aggressivsten und einflussreichsten neonazistischen Partei Tschechiens, nämlich der Dêlnická strana (Arbeiterpartei) verschweigt, verbreitet er indirekt die falsche Information, es habe eben nur jene neonazistische Nationale Partei (Národní strana) an der Europawahl in Tschechien teilgenommen. Es ist bedauerlich und mir unbegreiflich, dass es in einem Artikel über die Europawahl 2009 die neonazistische Dêlnická strana mit ihrem Wahlergebnis von 1,07% unerwähnt bleibt, und dass das antifa-Magazin dies blauäugig übernommen hat. Immerhin berichteten viele tschechische und deutsche Nachrichtendienste ausführlich über die Aktivitäten der Dêlnická strana. Im Herbst 2008 unternahm diese Partei im Zusammenwirken mit den beiden neonazistischen Schlägertruppen Národní odpor (Nationaler Widerstand) und Autonomí nacionaliste (Unabhängige Nationalisten) zwei Pogromversuche gegenüber den in der Ansiedlung Janov bei Litvínov wohnenden Roma. Darauf folgten weitere u.a. gegen die Roma-Bevölkerung gerichtete Aufmärsche und Hetzveranstaltungen in Böhmen und Mähren (Ústí n. L., Postoloprty, Pêerov, Krupka, Hluboka, Brno, Plen, u.a.) Der Kampf um die Sitze im Europa-Parlament wurde militant geführt, unbeschadet der Tatsache, dass im Parteiprogramm der Dêlnická strana der Austritt aus der EU gefordert wird. Hinter den 1,07% verbergen sich 25.368 Wählerstimmen. Für jede einzelne Stimme erhält die Partei staatliche Zuwendungen von 30 Kronen, das sind insgesamt 761.000 Kronen. In einzelnen Städten und Gemeinden, nämlich da, wo sie demagogisch aktiv war, votierten beachtlich viele Tschechen für diese Neonazipartei. So in den relativ großen Städten Litvínov (7,81%) und Most (3,67%). In kleineren Gemeinden war der Zulauf noch größer (bspw. Všehrdy b. Chumotov: 14,28%). Die schludrige Recherche im Artikel passt schlecht in unsere Zeit des wiedererstarkenden Nazismus, der namentlich in der Tschechischen Republik mit ihrer mehrheitlich romafeindlichen Bevölkerung den besten Nährboden findet.