Neue Erfahrungen gewonnen

geschrieben von Jürgen Weise, VVN - BdA Mecklenburg- Vorpommern, BO Rostock

5. September 2013

In Rostock gehen wir auf die Leute zu

Juli-Aug. 2007

Verbot muss sein

„Die Politik muss das Verbotsverfahren wieder aufnehmen. Weil sie die Partei nicht verbietet, sendet sie faktisch das Signal, dass die NPD eine Bestandsgarantie hat. Das ist ein fatales Zeichen der Resignation. Man muss den Kampf aufnehmen, alles andere ist hasenfüßig…

Die Forderung nach dem Verbot müssen und werden wir immer wieder stellen, wir Juden.“

(Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, in der „Frankfurter Rundschau“ vom 7.Juli 2007)

Zeitgleich mit der bundesweiten Eröffnung wurde am 27.Januar anlässlich der traditionellen Gedenkveranstaltung auch in Rostock am Ehrenmal für die Opfer des Faschismus die nonpd-Kampagne eröffnet. Parallel verschickten, bzw. verteilten wir den Aufruf in einem Rundbrief an alle Parteien, Gewerkschaften, Vereine und Organisationen, an die Fraktionen der Bürgerschaft und viele Einzelpersönlichkeiten der Stadt, mit der Bitte, ihn zu unterstützen. Beigelegt waren je ein Exemplar der antifa- Sonderausgabe zum Aufruf, 1 bis 2 Unterschriftslisten, die Erläuterung, dass und wo „Nachschub“ erhältlich ist und der Hinweis auf die Internetseite der Kampagne.

Zustimmung und aktive Unterstützung kamen nach kurzer Zeit vor allem von der Linkspartei, vom Rostocker Friedensbündnis, vom Verein „Bunt statt braun“, der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Volkssolidarität, der GEW, VERDI und anderen. Besonders engagierten sich in Rostock auch der Ausländerbeirat, der selbst Postkarten mit dem Kampagnenlogo druckte und das Thema dem Bundesausländerbeirat vorstellte, sowie eine Reihe autonomer Antifas. Viele Partner veröffentlichten den Aufruf in ihren Publikationen und Internetseiten und kopierten selber Unterschriftslisten; auch die Geschichtswerkstatt Rostock publizierte den Aufruf der Erstunterzeichner in der Zeitschrift „Stadtgespräche“.

Die Mitglieder unserer BO sammelten mit Unterstützung Anderer Unterschriften auf Versammlungen und den verschiedensten Veranstaltungen, vor allem aber an unseren eigenen Info-Ständen während der Veranstaltungen zum 1. Mai und zum 8. Mai und natürlich besonders während der „Antigipfeltage“ in und um Rostock.

Besonders erfreulich war, dass bei diesen Veranstaltungen auch Jugendliche und Schüler spontan zu uns kamen, um Listen baten und in ihren Schulen, bzw. gleich vor Ort mit uns, gemeinsam Unterschriften sammelten. Wir haben so über 200 Unterschriftslisten zusätzlich kopiert und ausgegeben.

Wie viele Unterschriften unabhängig von uns und selbständig nach Berlin geschickt wurden und wer alles online unterschrieben hat, ist uns natürlich nicht bekannt. Über die BO selbst wurden bisher 203 Listen mit über 1600 Unterschriften an das Bundesbüro weitergeleitet, dazu liegen bis dato noch 22 weitere Listen vor, die während der großen Protestkundgebung gegen die Eröffnung eines Naziladens in der Hansestadt gesammelt wurden.

Das Sammeln von Unterschriften für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren ist für uns aber nur die eine Seite, wesentlich sind vor allem die Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir dabei gewonnen haben und die wir versucht haben, in den Gesprächen und auch vielen Auseinandersetzungen weiter zu vermitteln: Dazu gehörte zum Beispiel folgende Erkenntnis: Der Erfolg unserer Aktivitäten ist größer, wenn wir auf die Leute zugehen, sie ansprechen und nicht warten, bis sie – trotz aller Aufrufe – zu uns kommen.

Die Erfahrungen der nonpd- Kampagne kommen uns auch bei einer anderen, speziell Rostocker Aktion, zugute. Seit einiger Zeit gibt es – schon zum wiederholten Male – Bestrebungen rechter Kreise, in Rostock die Ilja-Ehrenburg-Straße umzubenennen. Der Oberbürgermeister der Hansestadt ließ bereits vor einigen Wochen in der Presse mitteilen, dass er demnächst einen Antrag zur Umbenennung der Straße in die Bürgerschaft einbringen lassen will. Inzwischen hat eine Ilja -Ehrenburg-Initiative, der auch wir angehören, in einem offenen Brief an den OB gefordert, den Straßennamen beizubehalten – mit ausführlicher Begründung. Dafür sammeln wir nun, gemeinsam mit anderen Unterstützern, ebenfalls Unterschriften und wollen vor allem Menschen in dem betreffenden Stadtteil über den Humanisten und Antifaschisten Ilja Ehrenburg aufklären.

Wir werden auch die Sommermonate für weiteres Unterschriftensammeln nutzen und spätestens um unseren Septembersonntag herum in den Endspurt starten.