Nichts Neues zu bieten

geschrieben von Markus Bernhardt

5. September 2013

»Globalisierungskritik« neofaschistischer Gruppen

März-April 2007

Die Bundesregierung erklärte auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke., dass derzeit vier rechte Demonstrationen gegen den G8-Gipfel angemeldet wurden, davon drei durch die NPD. Unter der Parole „G8 2007 rocken“ arbeiteten Rechtsextremisten in den Kameradschaften zudem an Strategien, den Gipfel zu behindern oder gar zu zerschlagen.

Nicht nur linke Gruppen, Parteien und Globalisierungsgegner bereiten sich derzeit auf die Proteste gegen den G8-Gipfel vor, der vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm bei Rostock stattfinden soll. Auch die neofaschistische NPD und die militanten »Freien Kameradschaften« haben das Thema Globalisierung für sich entdeckt und wollen mit pseudo-antikapitalistischer und völkischer Rhetorik gegen das Treffen der mächtigsten Industrienationen demonstrieren. Geplant seien diverse Aktionen mit »antikapitalistischer Stoßrichtung« sowie »nationale Demonstrationen« wie aus Neonazikreisen verlautbart wurde. In mehreren bundesdeutschen Städten wollen die Neofaschisten bereits anlässlich des internationalen Kampftages der Arbeiterklasse am 1. Mai aufmarschieren – unter anderem unter dem Motto »Zukunft statt Globalisierung – Arbeit für Millionen statt Profit für Millionäre«. Am 2. Juni plant die NPD zudem eine Demonstration mit bis zu 1500 Teilnehmern in Schwerin, die vom Landesvorsitzenden der so genannten Nationaldemokraten in Mecklenburg-Vorpommern, Stefan Köster, bei den Behörden angemeldet worden ist. Auch die Jugendorganisation der NPD, die Jungen Nationaldemokraten (JN), kündigten bereits Proteste und »gezielte Aktionen« anlässlich des G-8-Gipfels an. Man wolle 2007 »zu einem Kampfjahr für die deutsche Wiedergeburt« machen, heißt es in einer im Internet kursierenden Erklärung der JN-Führung.

Die Neonazis haben sich unterdessen neben dem Propagieren sozial klingender Forderungen vor allem der Stimmungsmache gegen die radikale Linke verschrieben und hoffen so, bei manch einem auf Ordnung und Sicherheit pochenden Bundesbürger Sympathien erheischen zu können. Die NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hatte den bevorstehenden G-8-Gipfel bereits mehrfach genutzt, um in NPD-typischer Manier das Bild von aus aller Welt anreisenden »linken Krawallmachern« an die Wand zu malen: »Was linksautonome Chaoten im Zusammenhang mit dem G-8-Gipfel in unserem Land anstellen werden, wird wie eine Bürde auf Mecklenburg-Vorpommern lasten. Genua mit Verwüstungen und Toten lässt grüßen«, hetzte beispielsweise Udo Pastörs, Fraktionschef der NPD im Schweriner Schloss. Auch monierte der NPD-Frontmann die zu erwartenden hohen Kosten des G-8-Gipfels: Mecklenburg-Vorpommern brauche »kein international organisiertes, staatlich finanziertes Gala-Fressen«, sondern Geld für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Ein Antrag der Neonazis, dem zufolge der Gipfel abgesagt werden solle, blieb im Landtag chancenlos. Auch im NPD-Organ »Deutsche Stimme« (DS) mehren sich mittlerweile Artikel, die sich mit dem Themenkomplex der Globalisierung beschäftigen. Jürgen Gansel, Landtagsabgeordneter der NPD in Sachsen, erkannte kürzlich einen Zusammenhang von »Globalkapitalismus und Verausländerung« und konstatierte, dass ein »Ende der europaweiten Überfremdungsdynamik« nicht absehbar wäre, weil diese ein »Strukturelement der Globalisierung« sei.

Neben ihrer pseudo-antikapitalistischen Stimmungsmache, dürfte die NPD anlässlich des G8-Gipfels auch wieder versuchen, sich als friedliebende Partei darzustellen. Bereits 2001 hatte Udo Voigt, NPD-Bundesvorsitzender, schließlich getönt, sich »an die Spitze einer neuen deutschen Friedensbewegung und aller Globalisierungsgegner« stellen zu wollen. Ähnlich äußerte sich auch Jürgen Gansel. Indem die »USA ihren europäischen Vasallen eine Politik der Entgrenzung aufzwingen, erzwingen sie die Entstaatlichung und Entnationalisierung und damit die Entsozialisierung der europäischen Staatenwelt«, stellte er unlängst fest und befürchtete, dass der » Konkurrenzkontinent Europa« durch »fremdrassige Flüchtlingsmassen zersetzt werden« solle, weil »interventionsfähige Nationalstaaten gestaltend ins Räderwerk der Globalisierung greifen und ethnisch homogene Völker beträchtliche Gemeinschaftskräfte freisetzen« könnten. Schließlich seien »starke Nationalstaaten und intakte Völker natürliche Schutzräume und Solidarverbände, die den Globalkapitalisten im Weg stehen und deshalb ausgeschaltet werden sollen«, so der NPD-Vordenker weiter.

Dies alles zeigt deutlich, wohin die Reise der Neofaschisten gehen soll und was von ihrer »Globalisierungskritik« wirklich zu halten ist. Streicht man die vorhandene pseudoantikapitalistische Rhetorik in den Äußerungen der NPD-Wortführer und Funktionsträger zusammen, bleibt kaum mehr als die übliche und alt bekannte rassistische Stimmungsmache gegen Migranten übrig. Antifaschisten haben unterdessen bereits angekündigt, die Teilnahme von Neonazis an den Protesten verhindern zu wollen. Diese hatten in der jüngsten Vergangenheit sogar diskutiert, an den linken Anti-G8-Demonstrationen und Aktivitäten teilzunehmen. »Dass Nazis sowie andere Personen und Strukturen mit nationalistischen, faschistischen, rassistischen, militärischen und anderen menschenverachtenden Ansichten bei uns nichts zu suchen haben und nicht geduldet werden, wenn sie als solche erkannt werden, ist für uns selbstverständlich. Wir haben mit ihnen nichts gemeinsam!«, erklärte diesbezüglich Monty Schädel, Koordinator des Rostocker G8-Bündnisses.