NPD-Verbot?

geschrieben von Axel Holz

5. September 2013

Es löst kein Problem und ist dennoch notwendig

Jan.-Feb. 2007

Dr. Axel Holz vertritt den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern im Bundesausschuss der VVN-BdA

Erneut ist es seit dem Einzug der NPD in den Landtag Mecklenburg-Vorpommerns zu einer Debatte um ein NPD-Verbot gekommen. Die Meinungsunterschiede reichen in dieser Frage bis hoch in die Spitzen der Parteien, des Parlamentes und der Gerichte hinein. Insbesondere seit die NPD nahezu mit Leichtigkeit nach dem sicheren Einzug in den sächsischen Landtag in einem zweiten Landtag Fuß gefasst hat, stellt sich nicht nur die Frage, wie viele Landtage noch folgen sollen, sondern wie man mit einer staatlich unterstützten Verbreitung von verfassungsfeindlichem, rassistischem, antisemitischem und volksverhetzendem Gedankengut umgehen soll.

Die Programme zur Stärkung der Zivilgesellschaft und Auseinandersetzung mit rassistischen und antisemitischen Vorurteilen müssen dringend weitergeführt werden und sind sinnvoller Weise aufgestockt worden. Ihre mühselige Arbeit in enger Zusammenarbeit mit Kommunen, Bürgermeistern, Vereinen, Schulen und der Polizei hat sich bewährt. Aber nun wird diese Arbeit durch die rechtsstaatlich abgesicherte Verbreitung eben dieser Vorurteile durch staatlich finanzierte Landtagsabgeordnete samt Fraktionsgeldern, Referenten und Wahlkreisbüros in den Kreisen konterkariert.

Hinzu kommt, dass Parteien ohnehin zu einem großen Anteil mit staatlichen Geldern bezuschusst werden. Das betrifft eben auch die Beiträge und Spendengelder der NPD und die Wahlkampfkostenerstattung auf der Basis der Wählerstimmen. Dies alles, obwohl § 139 des Grundgesetzes die Fortwirkung der alliierten Beschlüsse anerkennt, die den Fortbestand faschistischer Organisationen oder das Wirken von Nachfolgevereinigungen untersagt. Ein Verbot der NPD würde also eine bestehende Verletzung der Verfassung aufheben – nämlich die Duldung der Aktivitäten legal bestehender faschistischer Organisationen.

Dass die Beobachtung der NPD durch den Verfassungsschutz wegen des Verdachtes des Verfassungsbruches nun zu einem Hindernis dafür geworden ist, die von allen Seiten erkannte Verfassungswidrigkeit des Wirkens der NPD durch ein Verbot eben dieser Partei öffentlich zu sanktionieren, zeigt die Absurdität und Halbherzigkeit des Staates, eben jenes verfassungswidrige Handeln, das derzeit unter dem Schutz der Verfassung steht, endlich zu sanktionieren. Übrigens ist hierzu ein Agieren des Verfassungsschutzes in der NPD kaum nötig. Denn die verfassungswidrigen Äußerungen und das Handeln der NPD sind aus der öffentlichen Debatte heraus in den Medien und weiteren öffentlich zugänglichen Quellen allemal bekannt. Der Verfassungsschutz dürfte in der nächsten Zeit kaum zu einer Erkenntnis über die NPD kommen, über die er nicht bereits jetzt verfügt.

Ein Verbot der NPD würde das öffentliche Handeln der NPD sanktionieren und diesem Handeln wichtige finanzielle Mittel entziehen, deren Vergabe aus moralischen Gründen schon jetzt verwerflich ist.

Ein Verbot der NPD würde die NPD-Kader in einer Märtyrerrolle bestätigen, die sie allerdings auch ohne ein Verbot ständig kolportieren. Diese Rolle gehört zu ihrem immer wieder bewusst bedienten Gründungsmythos.

Ein NPD-Verbot ist nur sinnvoll, wenn es durch die dauerhafte Auseinsandersetzung mit rassistischen, religiösen und ethnischen Vorurteilen in Teilen der Bevölkerung begleitet wird.

Dazu gehört sicher auch die „verordnete“ Auseinandersetzung mit dem Faschismus im Rahmen des Schulunterrichtes. Kein Schüler darf die Schule verlassen, ohne sich unter Anleitung intensiv mit dem schwärzesten Kapitel der deutschen Geschichte auseinandergesetzt zu haben.

Eine strukturelle, staatliche unterstützte Begleitung muss schwerpunktmäßig dauerhaft dort erfolgen und finanziert werden, wo zivilgesellschaftliche Strukturen nur schwach ausgebildet sind und die Auswirkungen von Sozialabbau und Arbeitslosigkeit besonders stark wirken. Diese Wirkung kann übrigens systematisch am besten durch einen Stopp des Sozialabbaus und die berechtigte Hoffnung der Bürger auf eine existenzsichernde Beschäftigung unterstützt werden. Ohne eine solche gesamtgesellschaftliche Ausrichtung gleicht der Kampf gegen die Ausschau der Entwurzelten und Ängstlichen nach Sündenböcken unter den vorhandenen Minderheiten, welcher Art auch immer, dem bekannten Kampf gegen Windmühlen.

Ein Verbot der NPD muss öffentlichkeitswirksam mit der Beantwortung der Frage verbunden werden, was man in jenen Regionen tun soll, in denen die NPD derzeit erstarkt. Wie kann der vom Rechtextremismusexperten Toralf Staud prophezeiten Faschisierung ganzer Regionen wirksam begegnet werden? Diese Fragen zu beantworten ist noch wichtiger, als das legale Agieren von Nazis durch ein Verbot zu sanktionieren. Aber beides zusammen wird zu einer Stärkung der Zivilgesellschaft und den Abbau verfassungswidriger Einstellungen in jenen Teilen der Bevölkerung beitragen, die die Würde einzelner Menschen in unserem Lande derzeit nicht anerkennen wollen, sondern systematisch in Wort und Tat verletzen.