Warschau – Treblinka

geschrieben von Mala Zimetbaum, Edek Galinski

5. September 2013

Gedenkstättenfahrt auf den Spuren der Warschauer Juden

Sept.-Okt. 2008

Die Berichte der charmanten Dolmetscherin Susanne Kramer als »deutsche Gastarbeiterin in Polen«, die Stadtrundführung durch Warschau sowie der Vortrag von Prof. Goralski, Völkerrechtler an der Universität Warschau, beleuchteten das heutige Verhältnis von Polen und Deutschen aus verschiedenen Blickwinkeln. Insgesamt entstand der Eindruck bei uns, dass im heutigen Polen das Bewusstsein von Deutschland als Land der Täter und Verbrecher im Interesse der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen beschönigt wird.

Der Aufstand des Warschauer Ghettos, beginnend am 19. April 1943, jährt sich dieses Jahr zum 65. Mal. Aufgrund des historischen Ereignisses verlegten die Mitglieder der VVN-BdA und der Deutsch-Polnischen Gesellschaft die Route ihrer diesjährigen Gedenkstättenfahrt nach Warschau, um sich dort auf die Spuren des ehemaligen Ghettos zu begeben und Eindrücke von damaligen und heutigen Beziehungen zwischen Polen und Deutschland zu gewinnen.

Die Reisegruppe unter der bewährten Leitung von Karl Forster und Bundesgeschäftsführer Thomas Willms war altersmäßig und von ihrer sozialen Herkunft her bunt gemischt. Ihre Teilnehmer verband das besondere Interesse an dem dunkelsten Kapitel deutsch-polnischer Geschichte. Erster Haltepunkt der Reise war Treblinka. Hier wurden sowohl das Gelände und Mahnmal von Treblinka I (ein Arbeitslager für polnische Zwangsarbeiter und in Geiselhaft gehaltene Familienmitglieder) als auch Treblinka II (ein Vernichtungslager) besucht. Beide Gedenkorte bräuchten dringend mehr Mittel, um sie pflegen und erhalten zu können. Das gilt auch für das kleine Museum in Treblinka, das 2005 auf Initiative von Bielefelder Schülern und Schülerinnen gegründet wurde. Der Leiter der dortigen Gedenkstätte, Herr Kopowka, beeindruckte durch seine große Detailkenntnis und die unendliche Geduld, mit der er bei brütender Hitze alle Fragen beantwortete. Unsere Gruppe legte im Namen der VVN-BdA am Mahnmal für die Opfer der Deportationen ein Gebinde nieder und ehrte auch Janusz Korczak mit einem Blumenstrauß.

Auch der Ausschwitz-Häftling Kazimierz Albin, einer der ersten Häftlinge (Häftlingsnummer 180), dem sogar die Flucht glückte, beeindruckte uns sehr mit seinem Vortrag. Im ehemaligen jüdischen Viertel Warschaus öffnete uns Dr. Haensel vom Jüdischen Historischen Institut in Warschau die Augen für Unebenheiten des Bodens, fehlende Keller und das Trügerische eines friedlichen Parks. Vom ehemaligen Ghetto zeugen unter anderem erhaltene Häuser in der ul. Prozna (Foto oben) sowie ein kleiner Rest der ehemaligen Ghettomauer auf einem Hinterhof in der ul. Sienna 55. An bedeutsamen Stellen des Kampfes sind heute Gedenksteine angebracht Die frühere Gesia-Straße wurde nach einem der bekanntesten Anführer der zionistischen Kampforganisation des Ghettoaufstandes, Mordechaia Anielewicza, benannt. Reste des Eingangstores sowie ein Bronzeabguss der Ulme davor erinnern an das furchtbare Pawiak-Gestapogefängnis in der ul. Dzielna. Dort befindet sich auch eine beeindruckende Gedenkstätte mit Gedenktafeln für die unzähligen Opfer sowie einer Ausstellung, die versucht, etwas von der damaligen Atmosphäre zu vermitteln. Im Museum für die Kämpfer des Warschauer Aufstandes von 1944, an dem viele überlebende Ghettoinsassen teilgenommen haben, berichteten uns ehemalige Kämpfer von ihren traumatischen Kriegserlebnissen.

Das umfassende Programm der Reise gewährte uns also nicht nur historische, sondern auch aktuelle Einblicke. Eine wirklich gelungene Bildungsreise.