Zündschnüre-Song

geschrieben von Franz Josef Degenhardt

5. September 2013

Jan.-Feb. 2012

Mit dem »Zündschnüre«-Song gedenken wird des am 14. November 2011 kurz vor seinem 80. Geburtstag in Quickborn verstorbenen Liedermachers, Poeten und Romanciers Franz Josef Degenhardt. In seinem gleichnamigen Romanerstling erzählt der Autor aus der Sicht von damals 13- und 14-Jährigen vom letzten Kriegsjahr im Ruhrgebiet, dem nahenden Ende der Naziherrschaft und vom nach wie vor vorhandenen Arbeiterwiderstand.

Der »Zündschnüre«-Roman war im Oktober 2011 Auftaktband einer neuen Werksausgabe des Autors im Kulturmaschinen Verlag Berlin (200 S., 15,90 Euro). Sechs weitere Romane, ein Jugendbuch und zwei Liederbücher sollen erscheinen.

Ihre Radierung mit der Hitler-Vogelscheuche hat die Mainzer Künstlerin Getrude Degenhardt, Schwägerin von Franz Josef Degenhardt, »So soll es bleiben« betitelt. Erstmals veröffentlicht war die Grafik in der 1977 bei der Büchergilde Gutenberg erschienen Anthologie »Das sind unsere Lieder«.

Und als von tausend Jahren

nur elf vergangen waren

im letzten Jahr vom Krieg,

da lag die Welt in Scherben,

und Deutschland lag im Sterben

und schrie noch Heil und Sieg.

Der Mensch war sehr zerbrochen,

und nicht nur seine Knochen.

Der Mensch zerbricht auch schnell.

Und die von den Faschisten

sich nicht zerbrechen ließen,

die waren nicht mehr viel.

Gefoltert und geschunden,

geknebelt und gebunden,

und gingen aufrecht doch.

Und auch in den Fabriken,

in Lagern und Verstecken

lebten, kämpften sie noch.

Die Masken, die sie tarnten,

die Stimmen, die sie warnten,

die wußte nur der Wind.

Und Horcher gab es viele.

Und Kinder spielten Spiele,

die sehr gefährlich sind.

Und in den Bombennächten

in Höhlen und in Schächten

teilten sie ihre Not.

Und teilten ihre Freuden

und teilten ihre Leiden

und auch den Bissen Brot.

Sie hatten eine Lehre

und hatten auch Gewehre

und hatten ihre List.

In mehr als tausend Jahren,

da hatten sie erfahren,

wann ihre Stunde ist.

Und wie sie kämpften, litten

und lachten, liebten, stritten

in Solidarität,

das wird man dann noch lesen,

wenn das, was sonst gewesen,

ein Mensch nicht mehr versteht.