Konsequent demokratisch

geschrieben von P. C. Walther

18. März 2014

Der Antifaschist und Ausnahmejurist Heinz Düx wird 90

 

Es gibt zwei aktuelle Anlässe, auf Dr. Heinz Düx – seinerzeit Untersuchungsrichter beim Frankfurter Auschwitzprozess, Vorsitzender Richter beim Oberlandesgericht, und ehemals Präsidiumsmitglied der VVN-BdA in der alten Bundesrepublik – besonders hinzuweisen:

Vor kurzem ist ein 980 Seiten starkes Werk von Schriften und Arbeiten aus seiner Feder erschienen – und am 24. April ist sein 90. Geburtstag.

Heinz Düx im Dokumentarfilm »Der Einzelkämpfer – Richter Heinz Düx« von Wilhelm Rösing 2011.

Heinz Düx im Dokumentarfilm »Der Einzelkämpfer – Richter Heinz Düx« von Wilhelm Rösing 2011.

In vierzig Jahren Justizdienst war Heinz Düx primär mit juristischen Aufarbeitungen der Verbrechen des deutschen Faschismus beschäftigt. Als Untersuchungsrichter beim Frankfurter Auschwitzprozess hatte er wesentlichen Anteil am Zustandekommen dieses Verfahrens. Später, als langjähriger Vorsitzender des Entschädigungssenats des Frankfurter Oberlandesgerichts, waren auch hier Folgen des Naziregimes sein Arbeitsthema.

Fast noch wesentlicher und aussagekräftiger sind seine politischen und publizistischen Arbeiten und Engagements.

Heinz Düx, radikaler Demokrat und Antifaschist, gehörte – zum Teil nur zeitweise, was u.a. seiner Distanz gegenüber Organisationsapparaten entspricht; er selbst nennt seine Organisationszugehörigkeiten »zeitweise Assoziierungen« – u.a. der KPD, der SPD, der Gewerkschaft ÖTV, der VVN und der Vereinigung demokratischer Juristen (VdJ) an; bei den letztgenannten als Präsidiums- bzw. Vorstands- und Gründungsmitglied.

Er engagierte sich ebenso in der Friedensbewegung und in der Protestbewegung gegen die Berufsverbote; er war Mitgründer und Autor der Zeitschrift »Demokratie und Recht«; schrieb Kommentare in der antifaschistischen Wochenzeitung »die tat«, publizierte in weiteren Medien und hielt zahlreiche Vorträge.

Es ist unmöglich, in einem einzigen Artikel die Leistungen dieses »Ausnahmejuristen«, wie Erich Buchholz ihn nannte, mehr als nur ansatzweise zu beschreiben und zu würdigen. Es gibt – neben weiteren Publikationen von und über Heinz Düx – zwei mehr oder minder aktuelle Werke, die viel über ihn aussagen: Da ist einmal der Dokumentarfilm von Heinz Rösing (Bremen): »Der Einzelkämpfer – Richter Heinz Düx«, der eindrucksvoll und anschaulich über Lebensabschnitte und Leistungen von Heinz Düx berichtet.

Und es gibt das vor kurzem im Verlag Pahl-Rugenstein erschienene Buch »Heinz Düx: Justiz und Demokratie«, herausgegeben von Friedrich-Martin Balzer. Es enthält weit über zweihundert Arbeiten von Heinz Düx und gibt damit – insbesondere auch durch das ausführliche Vorwort des Herausgebers Friedrich-Martin Balzer –interessante und aufschlussreiche Einblicke in die vielfältigen Leistungen und das Leben dieses Mannes.

Das Buch beinhaltet neben dem Text seiner Dissertation von 1948 u.a. kritische Kommentare zur bundesdeutschen Geschichte, zu den Themen Antifaschismus, Frieden, Abrüstung und Entspannung, zum Verfassungsrecht, vor allem auch Beiträge der Justizkritik sowie autobiographische Texte.

Wer Heinz Düx, sein Engagement und seine Ansichten kennenlernen will, wer Näheres und Kritisches über die bundesdeutsche Geschichte und Justiz erfahren will, kann dies alles am besten durch die Lektüre dieses Buches.

Heinz Düx beschränkt sich nicht aufs nur Juristische. Für ihn gehören die gesellschaftlichen Verhältnisse und die politischen Entwicklungen immer dazu. Dabei lässt er Zusammenhänge und Ursachen nicht außeracht – und weicht auch nicht der Frage aus, wie man die Dinge möglicherweise verändern könnte.

Justiz und Demokratie.: Anspruch und Realität in Westdeutschland nach 1945, 980 Seiten, 39,99 EUR

Justiz und Demokratie.: Anspruch und Realität in Westdeutschland nach 1945, 980 Seiten, 39,99 EUR

Heinz Düx hat eine einnehmend freundliche Art. Wenn er sich mit politischen Entwicklungen und Ereignissen befasst, ist er jedoch keineswegs zurückhaltend. Er nennt die Dinge beim Namen, legt den Finger auf die Wunde. Wenn er etwas erforscht und erkannt hat, vertritt er, ohne rechthaberisch aufzutreten, nachdrücklich seinen Standpunkt, gegebenenfalls auch ohne Rücksicht auf mögliche Nachteile für ihn.

Im deutschen Justizapparat war er eine Besonderheit, eine rühmliche Ausnahme – und nicht bei allen Teilen der Justiz und der Gesellschaft beliebt, schon gar nicht bei der der herrschenden Politik. Die hessische CDU versuchte in den siebziger und achtziger Jahren zweimal, die Entlassung von Heinz Düx aus dem Justizdienst zu erreichen; erfreulicherweise ohne Erfolg.

Er ist auch heute noch, soweit Alter und Gesundheitszustand es ihm erlauben, gelegentlich unterwegs, an politischen Debatten und Ereignissen immer interessiert – und vielerorts ein gern gesehener Gast und willkommener Gesprächspartner.