Europäische Netzwerke
8. März 2022
Extrem rechte Netzwerke breiten sich derzeit aus und sind in der Lage, länderübergreifende Unterstützungsstrukturen aufzubauen. Das reicht vom intellektuellen Austausch über die gegenseitige Förderung und Werbung bis hin zur Bereitstellung von Unterkünften, Verstecken und sogar Waffen. In einigen Ländern sind einschlägige Parteien an Regierungen beteiligt und öffnen weiteren extrem rechten Akteuren das Tor zu offiziellen Institutionen und Finanzierungsmöglichkeiten. Sie bleiben dabei stets eng mit ihren politischen Herkunftsmilieus verbunden: faschistische Denkfabriken, die »befreundete« faschistische oder nazistische Szene, aber auch Terrorzirkel, Jugendorganisationen, intellektuelle Kreise, Internetgemeinschaften und Aktivist*innen der neuen Straßenpolitik – zum Beispiel mit Anti-Impf- oder Anti-Migrations-Charakter.
Das Internet spielt eine wichtige Rolle bei der internationalen Vernetzung der extremen Rechten. Neuartige, halbprivate Kommunikationsmittel bieten den Raum für Radikalisierung und Identitätsbildung. So waren die Attentäter von Christchurch, Halle und Hanau und alle frauenfeindlichen »Incel«-Attentäter in internationalen Internet-Communities aktiv und auf deren Unterstützung angewiesen. Diese Entwicklungen müssen verstanden und analysiert werden.
Dazu leistet nun das antifaschistische Rechercheprojekt ENAM (European Network of Antifascist Monitoring) einen Beitrag mit der englischsprachigen Website antifascist-europe.org. Die Bandbreite der beobachteten Kreise reicht von rechtsterroristischen Gruppen über faschistische und neonazistische Kameradschaften bis hin zu neurechten und konservativen Denkfabriken und Parteien – innerhalb wie außerhalb von Parlamenten – auf nationaler und europäischer Ebene. Veröffentlicht werden zunächst neben zwölf Berichten aus beteiligten Ländern (Frankreich, Großbritannien, Russland, Ukraine, Serbien und Deutschland) weitergehende Hintergrundinformationen, wie Texte und Analysen zur Geschichte faschistischer Bewegungen, zur extremen Rechten auf Social Media sowie deren Antigender-Agenda und mehr. Die Plattform soll durch fortlaufend aktualisierte Daten zum zentralen Archiv für antifaschistisches Monitoring in Europa werden. Zu den Träger*innen des Projekts gehört die Rosa-Luxemburg-Stiftung.