Austausch und Vernetzung
12. März 2025
Vom 2. bis 4. Mai Gedenken an 80 Jahre Befreiung des Frauen-KZ Ravensbrück
Vom 2. bis 4. Mai 2025 finden in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück (MGR) die Feierlichkeiten anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung statt – der letzte größere Anlass, zu dem noch etwa zehn bis 15 überlebende ehemalige Gefangene kommen werden.
Mittlerweile ist die Bedeutung der zweiten, dritten und vierten Angehörigengeneration stetig gestiegen, und wie im vergangenen Jahr findet im Rahmen der Feier ein eintägiger Austausch mit wahrscheinlich etwa hundert von ihnen statt. Dieser Austausch und die Vernetzung sind extrem wichtig, da den Angehörigen eine wichtige Rolle bei der Mahnung und Erinnerung an die Verbrechen des deutschen Faschismus zukommt und ihre Prägung durch das Schicksal ihrer Familienmitglieder ein bedeutsames Thema ist. Seitens der Mahn- und Gedenkstätte sind viele weitere Aktivitäten geplant, die auf deren Internetseite ravensbrueck-sbg.de zu finden sind.
Die Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis e. V. (LGRF) nimmt an den geplanten Aktivitäten teil und setzt eigene Akzente durch ihre Veranstaltung am Freitag, dem 2. Mai, gemeinsam mit dem Landeskirchenkreis Grüneberg, der Privatinitiative »Grüneberg erinnert« und dem Klub der ehemaligen polnischen Gefangenen des KZ Ravensbrück am Standort des ehemaligen KZ-Außenlagers Grüneberg. Im Außenlager waren 1.800 Gefangene aus Ravensbrück inhaftiert, die in der dortigen Munitionsfabrik unter anderem Granaten herstellen mussten. Die LGRF hat aus diesem Anlass eine deutsch-polnische Broschüre mit Berichten ehemaliger polnischer Zwangsarbeiterinnen in Grüneberg über ihre Befreiung zusammengestellt.
Am Samstag, dem 3. Mai, gedenkt die LGRF am -Sowjetischen Ehrenmal um 10 Uhr der Befreier*innen. Um 12.30 Uhr organisiert die »Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e. V.« einen Rundgang am historischen Ort. Um 14 Uhr erinnert sie in ihrer Gedenkveranstaltung an die Mädchen und jungen Frauen, die zwischen 1942 und 1945 dort inhaftiert waren. Das Lager in unmittelbarer Nähe des Konzentrationslagers Ravensbrück diente zunächst vorwiegend zur Internierung von als »asozial« oder »kriminell« stigmatisierten jugendlichen Frauen* und wurde im Frühjahr 1945 zum Vernichtungsort für vermutlich 5.000 bis 6.000 Häftlinge, vor allem aus dem KZ Ravensbrück.
Der LGRF besonders wichtig ist die Einweihung des Gedenkzeichens für die politischen Häftlinge um 17 Uhr am Neuen Gedenkort. Hier soll der Frauen gedacht werden, die Widerstand gegen den deutschen Faschismus leisteten und deshalb nach Ravensbrück deportiert wurden – sie waren oft Mütter und Großmütter der Mitglieder der Lagergemeinschaft. »Ihr Mut ist Vorbild und Verpflichtung« ist unter anderem auf dem Gedenkzeichen eingraviert.
Am Sonntag, dem 4. Mai, findet um 10 Uhr die zentrale Gedenkveranstaltung der Mahn- und Gedenkstätte statt. Im vergangenen Jahr wurde diese zum wiederholten Male von polnischen Nationalisten gestört. Sie provozierten mit Transparenten, auf denen sie die Leiterin der MGR verunglimpften, und nahmen eine drohende Haltung gegen Mitglieder der deutschen Lagergemeinschaft ein. Ihr Vorwand, dort aufzutreten, ist ein Gedenken an die antisemitischen Narodowe Siły Zbrojne (NSZ, Nationale Streitkräfte, deren Symbole sind auf dem Gelände der MGR verboten), von denen Mitglieder in Ravensbrück inhaftiert gewesen sein sollen. Diese Nationalisten kommen mehrheitlich aus einem rechtskonservativen bis klerikalfaschistischen Kreis aus Szczecin um den Sejm-Abgeordneten Dariusz Matecki (PiS), dessen Hetzkampagnen im Internet polenweit bekannt sind.
In Polen finden am 18. Mai 2025 Präsidentschaftswahlen statt. Da die politische Rechte in Polen eine nationalistische, monoreligiöse, heteronormative Identität Polens in Wahlkämpfen massiv bespielt und sich auf historische Vorbilder wie die NSZ bezieht, liegt die Möglichkeit nahe, dass es bei der zentralen Gedenkfeier erneut zu Störungen kommt. Matecki, der 2024 Bilder vom provozierenden Auftritt in Ravensbrück verbreitete, wirbt so für den rechten Präsidentschaftskandidaten Karol Nawrocki, der aktuell Leiter des »Instituts für Nationales Gedenken« ist, das seinen Hauptsitz in Warschau hat.
In der Propaganda heißt es: »1. Er verteidigt die polnische Geschichte, unsere Identität und Werte. 2. Er macht vor Brüssel und Berlin keinen Kniefall. 3. Er steht für Souveränität und nicht für linke Experimente.« »Linke Experimente« ist eine Anspielung auf ein rassistisches und Anti-LGBTQI-Programm, und dass man »nicht vor Berlin niederknie«, ließe sich für die polnische rechte Szene provokativ in Ravensbrück dokumentieren.
Die Lagergemeinschaft ruft dazu auf, sich vom 2. bis 4. Mai an den vielfältigen Veranstaltungen zu beteiligen. Angesichts des massiven politischen Rechtsrucks in Deutschland und weltweiter rechter bis faschistischer Strömungen ist eine inklusive antifaschistische Erinnerungspolitik, die sich gegen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus stellt und an der Seite der von diesen Politiken ausgegrenzten und angegriffenen Menschen steht, wichtiger denn je.
Lasst uns mit vielen Antifaschist*innen der Opfer von Ravensbrück würdig gedenken, den Befreier*innen danken und die Widerstandskämpfer*innen ehren!