Dammbruch und Durchbruch
12. März 2025
Extrem rechte Kräfte weltweit mit fürchterlichem Aufschwung. Solidarische Antworten nötig
Das neue Jahr beginnt düster für Antifaschist:innen und alle, für die Freiheit, Gleichheit und Solidarität Leitmotiv gesellschaftlichen Handelns sind. Mit dem Amtsantritt von Donald Trump haben extrem rechte Kräfte weltweit enormen Schwung gewonnen. Symbolisch hat er seinen Anspruch auf eine grundlegende Umgestaltung der US-Gesellschaft und der internationalen Beziehungen mit der Unterzeichnung einer Vielzahl von Dekreten manifestiert. Am selben Tag übertrug er mit der Gründung einer »Abteilung für Regierungseffizienz« dem reichsten Mann der Welt die Macht zum Staatsumbau. Dass der im Einvernehmen mit der Elite der Tech-Milliardäre vom Silicon Valley agiert, ist dokumentiert. Seitdem sind wir Zeug:innen eines »kalten Staatsstreichs« in den USA und des Herrschaftsanspruchs seiner Protagonisten weit darüber hinaus. Elon Musk macht Wahlkampf für Alice Weidel, und Trumps Vizepräsident fordert in München – ganz im Stil »wertebasierter« Außenpolitik – mehr Einfluss für die AfD hierzulande.
Union liefert Steilvorlage für AfD-Triumph
Dass sie den nun knapp vier Wochen später hat, ist auch CDU/CSU zu verdanken. Mit ihrem »Fünf-Punkte-Plan« zur Migration, der klassische AfD-Forderungen zusammenfasst, lieferte sie die Steilvorlage für deren größten parlamentarischen Triumph – Dammbruch und Durchbruch zugleich. Zugestimmt haben die Abgeordneten der FDP, das BSW blieb mit Enthaltung »neutral«. Dass die Empörung auf Seiten von SPD und Grünen sich ausschließlich auf den skandalösen Schulterschluss mit der AfD bezog, nicht aber auf den menschen- und völkerrechtswidrigen Charakter der Vorlage, ist der traurige bisherige Höhepunkt einer Entwicklung, die 1992 ihren Anfang nahm. Nach dem Pogrom von Rostock kamen CDU, SPD und Grüne nicht auf die Idee, die damals führende faschistische Kraft, die NPD, zu verbieten. Stattdessen stärkten sie die rechten Menschenfeinde, indem sie ihren Forderungen nachkamen: Abschaffung des Grundrechts auf Asyl, Reduzierung des definierten Existenzminimums um 20 Prozent für Geflüchtete, Aufenthaltsbeschränkungen und erste Konzepte für kombinierte »Ein- und Ausreisezentren« machten Mord und Totschlag zum Erfolgsmodell. Seitdem treibt die rechte Offensive gegen Migration, Geflüchtete und Menschen »mit Migrationshintergrund« immer neue Blüten – bis zum AfD-»Versprechen« von millionenfacher »Remigration«.
Das Ergebnis ist an der Bundestagswahl abzulesen: CDU bundesweit (noch) vorn, AfD 20,8 Prozent, SPD und Grüne abgeschlagen. In den »neuen« Bundesländern liegt die AfD zwischen 32,5 und 38,7 Prozent, in Hochburgen knapp vor der absoluten Mehrheit. Mit seiner Wutrede nur einen Tag vor der Wahl hat der vermutlich nächste Bundeskanzler noch einmal ganz deutlich gemacht, was wir von ihm zu erwarten haben: alles, was den Rechtswähler freut. »Es gibt keine linke Politik mehr in Deutschland«, ist eine Ansage weit über die zu erwartende rechte Regierungspolitik hinaus. Wenn er noch am Wahlabend von der SPD verlangt, sie solle »im Interesse Deutschlands« sein explizit rechtes Programm mit umsetzen, die Wähler:innen hätten den »Wandel« gewählt, droht er mit der »Alternative«, die er rhetorisch als Partnerin immer wieder ausgeschlossen hat. Die Berichterstattung vor der Wahl und am Wahlabend markiert bereits einen Wandel im Umgang der öffentlich-rechtlichen Medien mit der AfD, die mit deren selbstverständlicher Beteiligung an allen Formaten der Normalisierung der neuen Nazipartei den Weg gebahnt haben. Der Kulturkampf von rechts zeigt Wirkung!
Im Osten der Republik braucht es an vielen Orten schon heute Mut, sich der AfD in den Weg zu stellen. Von Bürgermeistern, die ihr Amt niedergelegt und ihren Wohnort mit unbekanntem Ziel verlassen haben, über den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz, der zu den Protagonisten des Antrags für ein AfD-Verbot gehörte und nicht wieder kandidierte, um seine Familie vor den Drohungen von rechts zu schützen, bis zu den linken Kandidat:innen, die im Wahlkampf angespuckt oder zusammengeschlagen wurden – sie alle können sich schon heute nicht mehr auf den Staat verlassen, wenn es um Schutz vor der Gewalt der Nazis geht. Wir müssen mehr als bisher gemeinsam mit unseren Kamerad:innen in den »blauen« Regionen des Landes überlegen, wie wir sie in dieser Situation unterstützen und stärken können!
Perspektive der Solidarität nötig
Was ist nun zu tun? Zunächst ist festzuhalten, dass in den Wochen seit »Riesa« Hunderttausende auf den Straßen waren, nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die Politik, die ihren Aufstieg befördert, insbesondere gegen den »Dammbruch« durch die CDU. Es gilt, die Perspektive einer solidarischen Gesellschaft aufrechtzuerhalten sowie sich den rechten Parolen und Programmen entgegenzustellen. Es gilt, Angebote zur Vernetzung und zur Aktion zu schaffen, bzw. vorhandene Angebote wie »Aufstehen gegen Rassismus« und »Widersetzen« bekannter zu machen, lokale und/oder regionale Bündnisse auf den Weg zu bringen und auch unsere eigenen Kreisvereinigungen personell zu stärken. Standhalten, Kräfte sammeln, Widerspruch sichtbar machen, um aus der Defensive in eine kraftvolle Offensive zu kommen. Je eher, desto besser.
Siehe auch Erklärung »80 Jahre nach der Befreiung vom deutschen Faschismus ebnet Friedrich Merz den neuen Nazis den Weg. FDP und BSW machen mit« des Bundessprecher:innenkreises der VVN-BdA vom 30. Januar:
kurzlinks.de/bsk-merz