editorial

geschrieben von Nils Becker

6. September 2025

In diesen Tagen wurde das neue Wehrpflichtgesetz vom Verteidigungsministerium vorgestellt. Demnach müssen alle, die nach 2007 geboren sind und einen männlichen Geschlechtseintrag haben, mit der Vollendung ihres 18. Lebensjahres einen Fragebogen ausfüllen – eine Art Vorauswahl zur Musterung. Ab 2027 wird die darauf folgende Musterung auch zur Pflicht. Die dabei erhobenen Daten über den Zustand der Wehrfähigen sind aufgrund der Notstandsrelevanz (der sogenannte Spannungs- oder Verteidigungsfall) besonders geschützt. Von der Freiwilligkeit, die 2024 von Minister Pistorius noch hochgehalten wurde, ist nichts mehr übrig. Das auch, um den Absprachen auf dem Nato-Gipfel im Juni gerecht zu werden. Demnach muss die Bundeswehr 260.000 aktive Soldat*innen und 200.000 Reservist*innen vorhalten. Neben aktuell noch vielen Ausnahmen von der Musterung wird für das Gros der Fragebogen-, Musterungs- bzw. Wehrpflichtigen die klassische Kriegsdienstverweigerung, mit all ihren Konsequenzen, die einzige Möglichkeit sein, sich dieser »Zeitenwende« zu entziehen.

Damit es gar nicht zu weiteren Einsätzen der Bundeswehr kommt, erstarkt die Friedensbewegung gerade. Das Aktionsbündnis »Rheinmetall Entwaffnen«, das mit der Parole »Verweigern wir uns dem Kriegsregime« ihr Camp Ende August in Köln bewarb, macht vor, worauf wir uns da einstellen können. Das Camp und die Demo musste in zweiter Instanz gerichtlich durchgesetzt werden. Vier gut gemachte Aktionen – u.a. eine Demo am Wohnhaus des Rheinmetall-Chefs Armin Papperger und die Blockade eines Bundeswehrgebäudes – sorgten für so viel Publicity, dass die Polizei die Abschlussdemo in Köln angriff (Veranstalter zählten 150 Verletzte) und stundenlang einkesselte. Über 500 Personalien von Demonstrierenden wurden erfasst. Als Gründe wurden die Missachtung von Auflagen und Angriffe auf Polizeibeamte genannt. Das Komitee für Grundrechte sieht in der Zerschlagung der Demo nicht nur einen Akt der Repression, sondern auch die Bemühung, die Aktionsformen des zivilen Ungehorsams – mehr macht das Bündnis ja nicht – als besonders unfriedlich darzustellen. Eine Warnung an alle, die sich mit den Protesten solidarisieren, sich der Kriegstüchtigkeit widersetzen oder sie praktisch herausfordern.