Mobilisieren? Ignorieren?

5. November 2023

Notizen zum Podiumsgespräch »Wie stoppen wir die AfD in Ostdeutschland?«

Bei den 2024 in allen ostdeutschen Flächenländern anstehenden Wahlen droht die AfD zur -stärksten Kraft zu werden. Doch der extrem rechten Vormacht über viele Köpfe entspricht oft keine Vormacht auf der Straße. Noch bekommt die AfD selbst in vielen kleineren Städten »enormen Widerspruch, wenn sie sich auf die Straße traut« (Samuel Signer). Aber mancherorts tritt die extreme Rechte nahezu wöchentlich auf. Dagegen jedes Mal sichtbaren Protest zu organisieren, kann auf Dauer zu viel Kraft kosten – vor allem, wenn sich nur die immer gleichen Leute mobilisieren lassen. Die regionalen antifaschistischen Kräfte müssen also gemeinsam entscheiden: Wann mobilisieren wir? Was ignorieren wir? Mobilisieren? Ignorieren? weiterlesen »

Möglich und nötig

geschrieben von Lutz Boede

5. November 2023

Antifaschistische Politik in den Kommunen am Beispiel Brandenburgs

Die großen Mobilisierungsfelder der Rechten fallen ganz überwiegend in die Zuständigkeit des Bundes und der Bundesländer. Während im Bundestag über die Aufnahme von Geflüchteten beraten und entschieden wird, können Kommunalpolitiker:innen oft nur darüber entscheiden, wie die schutzsuchenden Menschen vor Ort untergebracht werden und was die jeweilige Gemeinde unternimmt, damit sie dort gut ankommen und aufgenommen werden. Noch begrenzter sind die Möglichkeiten bei Corona-Maßnahmen, beim Gebäudeenergiegesetz oder bei den Reaktionen der Bundesregierung auf den Überfall Russlands auf die Ukraine. Bei diesen Themen, die die Rechten für Hetze und Stimmungsmache nutzten, sind die Kommunen mehr oder weniger zum Zuschauen verpflichtet. Dennoch gibt es in der Kommunalpolitik viele Ansätze für antifaschistisches Engagement. Möglich und nötig weiterlesen »

In großer Sorge

5. November 2023

FIR zu kriegerischer Eskalation in verschiedenen Teilen der Welt

Logo FIR

Im »Schatten des Krieges« in der Ukraine erleben wir in den vergangenen Tagen zwei größere Kriegsaktionen, die zeigen, dass das Mittel des Krieges zur Durchsetzung von politischen Interessen auf Kosten der Zivilbevölkerung trotz aller vollmundigen Erklärungen auf den internationalen Bühnen eingesetzt wird.

Mitte September überfiel die Armee von Aserbaidschan mit einer großen Streitmacht die unabhängige Provinz Berg-Karabach, in der eine überwiegend armenische Minderheit lebt, die sich vor drei Jahrzehnten im Streit um ihre Minderheitenrechte zu einem unabhängigen Staat erklärt hatte. Garantiert wurde deren Unabhängigkeit durch Russland, das eine 2.000 starke Friedenstruppe stellte, und unterstützt wurde die Bevölkerung von der armenischen Regierung. Durch die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf den Krieg in der Ukraine und einen Politikwechsel in Armenien, das sich von Russland in Richtung EU und USA orientierten, sah die aserbaidschanische Regierung, gestützt auf die Regierung in der Türkei, die Möglichkeit zur Eskalation. Zuerst wurden die Hilfslieferungen in die Provinz Berg-Karabach durch das Militär blockiert. Als nach Verhandlungen scheinbar eine Entspannung der Situation eintrat, marschierten die aserbaidschanischen Truppen wegen angeblicher Gewalttaten in die Provinz ein und entmachteten die Vertreter der armenischen Minderheit. Innerhalb weniger Tage flohen 100.000 Armenier aus Berg-Karabach in der Sorge vor einem drohenden Völkermord, den diese Bevölkerungsgruppe vor gut 100 Jahren im osmanischen Reich bei der Gründung der Türkei schon einmal erlebt hatte.

Trotz dieser militärischen Eskalation und gewalttätigen Vertreibung hörte man aus den europäischen Metropolen – außer tiefer Betroffenheit – keine klaren Worte, keine Sanktionen gegen Aserbaidschan oder Hilfsangebote für Armenien, nur Erklärungen ohne Konsequenzen. Selbst Medien kritisierten, wie die EU und die USA in dieser Situation einfach nur zuschauten. Das überrascht nicht, wenn man bedenkt, dass mehrere europäische Staaten als »Lösung« aus dem Energiedilemma nach den Sanktionen gegen Russland nun langfristige Verträge mit Aserbaidschan abgeschlossen haben – und einen solch wichtigen Rohstofflieferant will man nicht vor den Kopf stoßen.

Anfang Oktober wurde die Weltöffentlichkeit von dem gewalttätigen Wiederaufflammen des Nahost-Konfliktes erschreckt (siehe auch Erklärung der FIR auf der Web-Seite). Seit vielen Monaten eskaliert die extrem rechte israelische Regierung von Netanjahu die Konfrontation mit den Palästinensern sowohl im Gaza-Streifen, als auch in der Westbank, beginnend mit Militäraktionen, denen schon in diesem Jahr laut Zahlen der Vereinten Nationen mehr als 230 Palästinenser zum Opfer fielen, bis zur Vertreibung und Zerstörung angeblich »nicht genehmigter Bauten«, um Platz für ein Siedlungsprogramm radikaler israelischer Siedler zu schaffen. Der sichtbare Höhepunkt dieser Konfrontation war der Auftritt Netanjahus vor der UN-Generalversammlung, als er einen »Friedensplan« für den Nahen Osten vorstellte, in dem die Palästinenser überhaupt nicht mehr vorkamen. Deutlicher konnte man die Ignoranz gegenüber den Beschlüssen der UNO für eine Friedenslösung nicht zum Ausdruck bringen.

In dieser Situation begann die Hamas am letzten Wochenende – zum 50. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges – einen militärischen Schlag gegen Israel, der sich nicht auf vereinzelte Raketen auf israelische Ortschaften beschränkte, sondern weit in das israelische Siedlungsgebiet vorstieß und mehrere hundert Israelis tötete. Über 2500 Menschen sind verletzt worden. Auf Seiten der Palästinenser im Gazastreifen wurden über 1000 Menschen durch die israelischen Streitkräfte getötet und mehrere 1000 Zivilisten verletzt.

In Falle des Hamas-Angriffs ist die Reaktion der Weltöffentlichkeit sehr viel deutlicher. Politische Unterstützung und militärische Hilfsangebote für den Staat Israel kommen aus den USA, der EU und weiteren Staaten. Nur in der Stellungnahme der Vereinten Nationen war zu hören, dass auch dieser Konflikt nur gelöst werden kann, wenn es zu einer Friedenslösung gemeinsam mit den Palästinensern kommt, nicht durch militärische Dominanz der israelischen Armee, die – wie der Angriff der Hamas zeigt – trotz aller Hochrüstung nur eingeschränkt in der Lage ist, die Sicherheit aller Israelis zu schützen.

Die FIR bekräftigt deshalb in dieser Situation ihre Grundhaltung: Auch dieser Angriff der Hamas muss sofort gestoppt werden. Waffenstillstand und Verhandlungen für eine Friedenslösung auf der Basis der Entschließungen der Vereinten Nationen, die tatsächlich von beiden Seiten akzeptiert werden können, sind die einzige Lösung im Interesse aller Menschen in den Konfliktregionen.

Hinweis: In der Printfassung erschien eine gekürzte Fassung dieser Erklärung

In tiefer Trauer

5. November 2023

VVN-BdA solidarisch mit den Opfern des antisemitischen Massakers in Israel

Wir sind in tiefer Trauer über die vielen Toten der letzten Tage und die grauenhafte Gewalt, die diese Woche überschattet. 700 Frauen, Kinder und Männer wurden in ihren Wohnungen hingerichtet, entführt, vergewaltigt und durch die Straßen gezerrt. Wir verurteilen den Terror der islamistischen Hamas und den Antisemitismus, der sich in diesen Tagen – nicht nur im Nahen Osten – Bahn bricht. Wer die Gewalttaten der letzten Tage »feiert«, sich über den Tod hunderter Menschen freut und ihn als »Befreiung« tituliert, stellt dadurch seine Menschenverachtung zur Schau. Wir sind in Gedanken bei allen Menschen in Israel und in Gaza, die bei Bombenangriffen getötet und verletzt wurden. Unsere Anteilnahme gilt auch jenen, deren Angehörige und Freund*innen sich derzeit in der Gewalt der Hamas befinden.

Als Vereinigung, die auch von jüdischen NS-Verfolgten gegründet wurde, möchten wir außerdem daran erinnern, dass noch heute circa 150.000 Menschen in Israel leben, die einst die Shoah überlebten und Zuflucht in Israel fanden. Wir hoffen, dass alle diese schreckliche Zeit überstehen. In tiefer Trauer weiterlesen »

Gegen den Tod und für das Leben!

geschrieben von Markus Tervooren

5. November 2023

Shahar Tzemach: Sagt seinen Namen, wie die der vielen weiteren, damit sie nicht vergessen werden

Shahar Tzemach, 39 Jahre alt, ist einer der 1.200 Israelis, die am 7. Oktober 2023 ermordet wurden. Er war Mitglied der israelischen Menschenrechtsorganisation »Breaking the Silence«. Er berichtete über das, was er während seines Militärdienstes gesehen hatte, schulte andere Aktivist*innen und führte Führungen zum Beispiel in Hebron durch, die so vielen die Augen für die Auswirkungen der Besatzung öffneten. Er wurde zu einem Helden wider Willen. Er fiel im Kampf und verteidigte die Menschen im Kibbuz Be’eri, in dem er lebte. Er kämpfte sieben Stunden, bis ihm die Munition ausging und er erschossen wurde.
Shahar Tzemach, 39, aus dem Kibbuz Be’eri.

Bei dem antisemitischen Pogrom im Süden von Israel im Grenzgebiet zum Gazastreifen sind neben hunderten anderen auch Holocaust-Überlebende getötet worden. Als Antifaschist*innen müssen wir parteiisch sein, empathisch und mitfühlend. Aber warum fällt das seit dem 7. Oktober 2023 schon wieder so schwer, wenn es um Israel geht? Dem Staat der Überlebenden der Shoah und der Nachfahren der Überlebenden der Pogrome der vergangenen Jahrhunderte, dem Staat derjenigen, die aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens in den 1950er- und 1960er-Jahren und bis heute vertrieben wurden und werden, zum Beispiel aus den uralten jüdischen Vierteln von Damaskus oder Bagdad? Und warum müssen auch linke und antifaschistische Stimmen jetzt, nachdem die gut organisierten Kassam-Brigaden der islamistischen Hamas und weiterer solcher Terrorgruppen mit einer unfassbaren Blutorgie ein Pogrom an Jüdinnen und Juden sowie Menschen, die mit ihnen zusammenleben, verübten, den jüdischen Staat, seine Regierung, seine Armee, seine aufgebrachten, leidenden, zutiefst verletzten Menschen reflexartig zur »Vernunft« rufen, wohl wissend, dass gleichlautende Appelle an die Hamas nicht fruchten werden? Gegen den Tod und für das Leben! weiterlesen »

Meldungen

5. November 2023

Brandanschlag in Dresden

Eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Dresden-Klotzsche ist abermals Ziel eines Anschlags geworden. Wie das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen mitteilte, soll dies in einem Zeitraum zwischen dem 22. und dem 25. Oktober geschehen sein. Eine brennbare Flüssigkeit sei an der leerstehenden Schule entzündet worden. Bis zu 82 Plätze für Geflüchtete sollen hier entstehen. Bereits vier Wochen zuvor hatte es einen Angriff auf das Gebäude gegeben. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen und bereits die Wohnung eines Verdächtigen durchsucht.

Personalwechsel in Burg

Nachdem zwei Lehrkräfte im April auf tägliche extrem rechte Vorfälle in einer Schule in Burg (Brandenburg) aufmerksam gemacht hatten, wurde dort Ende August ein neuer Schulleiter eingesetzt. Seine Vorgängerin wurde auf eigenen Wunsch versetzt. Der Brief der Lehrer:innen hatte bundesweit Aufsehen erregt. Sie waren massiv angefeindet worden und hatten die Schule ebenfalls verlassen. Meldungen weiterlesen »

Drei Divisionen

geschrieben von Jürgen Wagner

5. November 2023

Deutschlands Beitrag zum neuen NATO-Streitkräftemodell

Im Oktober wurde gemeldet, Deutschland stelle 35.000 Soldat*innen für das neue NATO-Streitkräftemodell zur Verfügung. Es geht um eine schwere Division sowie die Aufstockung der Bundeswehrdauerpräsenz in Litauen.

Bei ihrem Gipfeltreffen im Juni 2022 verabschiedete die NATO unter dem Eindruck des Ukrainekrieges nicht nur ein neues Strategisches Konzept, sondern auch ein neues Streitkräftemodell (New Force Model, NFM). Bis dato wurden im Rahmen der schnellen NATO-Eingreiftruppe »nur« 40.000 Soldat*innen in einem hohen Bereitschaftsgrad vorgehalten, um sie bei Bedarf schnell verlegen zu können. Demgegenüber sieht das NFM nun drei Bereitschaftsgrade vor: 100.000 Soldat*innen sollen innerhalb von nur zehn Tagen in Bewegung gesetzt werden können; bis Tag 30 will die NATO dann in der Lage sein, bis zu 200.000 weitere Armeeangehörige hinterherzuschicken; und bis Tag 180 sollen noch einmal zusätzlich 500.000 mobilisiert werden können. Drei Divisionen weiterlesen »

Rechte Medienoffensive

geschrieben von Janka Kluge

5. November 2023

Mit AUF1 und Nius verbreitert sich auch das publizistische Umfeld der AfD

Gleich zwei immer mehr Verbreitung findende Medienprojekte versuchen Konservative, die von der CDU enttäuscht sind, an die AfD heranzuführen. Zum einen das neue Medienprojekt Nius (siehe Spezial der antifa-September-/Oktoberausgabe), in dem Julian Reichelt, ehemaliger Chefredakteur der Bild, veröffentlicht, und das in Österreich ansässige Unternehmen AUF1. Das Kürzel steht nach eigenen Angaben für »Alternatives, unabhängiges Fernsehen«.

AUF1 wurde während der Corona-Pandemie gegründet, um, laut Eigenbeschreibung, den »Menschen eine verlässliche Quelle zu sein und die Gutgesinnten zu verbinden«. Die Themen ergeben sich da fast schon von selbst. Weiter ist dort eine Aufzählung zu finden, was der Sender so alles auf die Agenda nimmt: »Von der Maskenpflicht über den Impfzwang, Transhumanismus, Genderterror, Klimahysterie bis hin zum Great Reset.« Damit ist ziemlich alles an Themen vereinigt, was Sympathisanten von Verschwörungserzählungen gerne lesen. Der »Great Reset« steht für den sogenannten Großen Neustart, also die Vorstellung, dass durch Corona eine neue Weltordnung errichtet werden soll. Rechte Medienoffensive weiterlesen »

Gedenken unterm Firmensitz

geschrieben von Jan Kahlcke

5. November 2023

Mahnmal zu »Arisierung« jüdischen Eigentums in Bremen in Sichtweite von Kühne + Nagel eingeweiht

Über 300 Menschen haben in Bremen am 10. September an der Einweihung des Mahnmals in Erinnerung an die »Arisierung« jüdischen Eigentums teilgenommen (siehe Mai-/Juniausgabe der antifa, d. Red.). Die Bremer Politik und Behörden haben sich eine Initiative zu eigen gemacht, die einst in der Bremer Redaktion der taz entstanden war und die die Zeitung in enger Abstimmung mit der Jüdischen Gemeinde Bremen über die vergangenen acht Jahre immer wieder auch gegen starke Widerstände vorangebracht hat. Gedenken unterm Firmensitz weiterlesen »

Keine Nazis ins Parlament!

geschrieben von Ulrich Schneider

5. November 2023

Dokumente aus den Archiven der VVN-BdA. Diesmal passend zur EU-Wahl

Ist es Zufall oder »Wink des Schicksals«? In unserem Bundesarchiv ist vor wenigen Wochen ein Dokument aufgetaucht, das an Aktualität – bedauerlicherweise – nichts eingebüßt hat. In den Unterlagen der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) findet sich ein Aufruf einer erweiterten Leitungstagung (Büro der FIR), die im April 1989 in Madrid stattfand, auf der sich die Organisation mit den anstehenden Wahlen zum Europaparlament beschäftigte.

Die FIR-Leitung traf sich nicht nur zu Tagungen in Wien, dem damaligen Sitz der Dachorganisation, sondern tagte in Absprache mit nationalen Mitgliedsverbänden in verschiedenen Ländern und lud Mitgliedsverbände und Gäste aus umliegenden Ländern zu den Beratungen ein. So sollte ein lebendiger Kontakt zu den jeweiligen Verbänden entwickelt werden. Solche Tagungen waren nicht nur mit politischen Debatten verbunden, sondern gemeinsam wurde an die Opfer faschistischer Verfolgung sowie die Frauen und Männer aus dem Widerstand erinnert. In Spanien verband sich damit nicht nur die Ehrung der Opfer der Franco-Diktatur, sondern insbesondere die Würdigung der Internationalen Brigaden. Keine Nazis ins Parlament! weiterlesen »

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