Neue Dinge entdecken

geschrieben von Thomas Hacker

29. April 2023

Zur Webveranstaltung »NS-Vergleiche. Die deutsche Debatte um den Ukrainekrieg«

»Vergleichen und gleichsetzen sind zwei grundverschiedene Dinge. Wir vergleichen immer, und so lernen wir. Nur so können wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausfinden«. Dieses Statement des Historikers Christoph Dieckmann kann wohl als Klammer der VVN-BdA-Onlineveranstaltung am 27. März unter dem Titel »NS-Vergleiche. Die deutsche Debatte um den Ukrainekrieg« gelten. Günter Morsch, ebenfalls Historiker, wies darauf hin, dass Vergleiche häufig herangezogen werden, um etwas gleichzusetzen, zum Beispiel bei der Vermischung von NS-Herrschaft und Stalinismus. Die Journalistin Charlotte Wiedemann erinnerte an die Vorwürfe der Relativierung durch den antikolonialen Diskurs. So wurde in den USA bezüglich der Verbrechen gegenüber Indigenen mitunter vom »amerikanischen Holocaust« gesprochen. Im Gedenkdiskurs soll es laut Wiedemann nicht darum gehen, jemandem »etwas wegzunehmen«, sondern im konkreten Fall um mehr Verantwortung für Kolonialverbrechen.

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Zu antifa März-/Aprilausgabe, »Esthers Vermächtnis«, Seite 29 schreibt unsere Autorin Janka Kluge:

29. April 2023

Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ich in meiner Rezension des Buches »Nie schweigen« von Esther Bejarano bezüglich des Herausgebers Sascha Hellen etwas übersehen habe. In der Vergangenheit hatte ich Meldungen wahrgenommen, wonach ein Journalist zu einer Veranstaltung über Esther Bejarano den Sänger Philipp Burger von der rechtsoffenen österreichischen Band Frei.Wild eingeladen hatte. Mir war nicht bewusst, dass Sascha Hellen an der Organisation dieser Veranstaltung beteiligt war. Erst nach Protesten wurde der Sänger wieder ausgeladen. Ich habe das Buch und die Auseinandersetzung um die Veranstaltung nicht zusammengebracht.

Verschwundene Kinder

geschrieben von Lotta Maier/Andrea Röpke

29. April 2023

Eltern halten Nachwuchs von Schulen fern und orientieren sich an rechten Lernkonzepten

Viele Eltern aus verschwörungsideologischen Zusammenhängen verweigern ihren Kindern seit der Pandemie den Zugang zu Schulen. Sie gründen illegale »Lernorte«. Ideologisch wird sich auch an völkisch-reaktionären Lernkonzepten wie der »Schetinin«-Pädagogik orientiert.

Sie verschwanden einfach aus ihrem gewohnten Umfeld: Kinder von Corona-Leugnenden und Verschwörungsgläubigen. Seit der Corona-Pandemie ist der Verbleib vieler Kinder ungeklärt. Das strategische Verweigern von Masken, Test- und Impfpflicht ermöglichte es Tausenden von Eltern, den eigenen Nachwuchs dauerhaft den Schulen fernzuhalten. Auch nach dem Ende der Seuche kehren Kinder nicht zurück. Manche sind »dauerhaft reisend«, unterwegs mit ihren Eltern, die dem rechten »Querdenken«- und Verschwörungsmilieu zugerechnet werden. Verschwundene Kinder weiterlesen »

Wie in der »Hitlerjugend«

geschrieben von Timo Büchner

29. April 2023

In Herboldshausen finden regelmäßig Veranstaltungen des neonazistischen und völkischen Milieus statt

Herboldshausen – so heißt ein Weiler im Nordosten Baden-Württembergs. Der Weiler, ein Ortsteil von Kirchberg/Jagst im Landkreis Schwäbisch Hall, besteht im Wesentlichen aus drei Bauernhöfen. Auf einem der Höfe steht ein altes Bauernhaus, das seit über 50 Jahren im Besitz des völkischen »Bundes für Gotterkenntnis (Ludendorff)« (BfG) ist. Der BfG pflegt die Ideologie Mathilde Ludendorffs (1877–1966). In den 1920er-Jahren hatte die Antisemitin die religiös-völkische »Deutsche Gotterkenntnis« begründet. Die »Gotterkenntnis« unterschied zwischen »Lichtrassen« und »Schattenrassen« und behauptete, einzig »Lichtrassen« besäßen die Fähigkeit zur Gotterkenntnis. Die »Schattenrassen« – vor allem: das jüdische Volk – strebten nach der »Rassemischung« und wollten die »Lichtrassen« vernichten. Wie in der »Hitlerjugend« weiterlesen »

Jahrzehnte engagiert im Bild

geschrieben von Ernst Antoni

29. April 2023

Der Künstler Guido Zingerl verstarb mit 90 Jahren

Es war ein schöner, ausführlicher und würdiger Nachruf, der dem Künstler Guido Zingerl im Februar in der Regionalausgabe der Süddeutschen Zeitung für für Stadt und Landkreis Fürstenfeldbruck gewidmet war. Ob der Geehrte allerdings die Überschrift »Abschied vom letzten großen Satiriker in der Kunst« in ihrer Ausnahmslosigkeit so akzeptiert hätte? Vermutlich hätte er gesagt: »Da gibt’s schon noch ein paar mehr.« Gegen die Unterzeilen nach dem Abschieds-Statement hätte er aber bestimmt nichts eingewendet: »Wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstag ist der Fürstenfeldbrucker Maler Guido Zingerl am Donnerstag (23.2.2023) gestorben. Sein Leben lang hat er sich gegen Ungerechtigkeit und Faschismus eingesetzt.« Jahrzehnte engagiert im Bild weiterlesen »

Die Gleichschaltung

geschrieben von Ulrich Schneider

29. April 2023

Schaffung kriegsbereiter »Volksgemeinschaft«: Der Weg zur Macht (Teil 5 u. Ende)

Nach Notverordnungen und Selbstentmachtung des Parlaments in der Weimarer Republik ging es im nächsten Schritt darum, die ideologische und politische Gleichschaltung der Gesellschaft durchzusetzen. Die Schaffung einer kriegsbereiten »Volksgemeinschaft« setzte voraus, dass die ideologischen Vorgaben auch von der Bevölkerung angenommen wurden. Eine zentrale Rolle spielte dabei das Reichspropagandaministerium unter Goebbels. Hier wurden nicht nur öffentliche Inszenierungen gesteuert, sondern auch die mediale Darstellung durch Pressebriefings vereinheitlicht. Nach dem Verbot der Arbeiterpresse wurden Zeitungen und Rundfunk seit dem 1. Juli 1933 auf täglichen Reichspressekonferenzen detaillierte Anweisungen für die Berichterstattung gegeben. Die Gleichschaltung weiterlesen »

Stichtag der Barbarei

geschrieben von Janka Kluge

29. April 2023

Zuerst brannten die Bücher: Zum 10. Mai 1933 in Nazideutschland

Am 10. Mai 1933 fand eine der ersten Propagandainszenierungen im NS-Staat statt. Bei den in 18 Universitätsstädten organisierten Bücherverbrennungen stand nicht Hitler im Vordergrund, sondern Goebbels. Berichte wurden in der »Wochenschau« in den Kinos und im Radio übertragen. In einer Ankündigung hieß es: »Die Hinrichtung des Ungeistes wird sich zur selben Stunde in allen Hochschulstädten Deutschlands vollziehen. In einer großen Staffelreportage zwischen 11 und 12 Uhr nachts wird gleichzeitig der Deutschlandsender ihren Verlauf (…) mitteilen.« In der Ankündigung wird bewusst auf eine andere Bücherverbrennung Bezug genommen. Beim Wartburgfest 1817 wurden preußische Polizeiverordnungen und zusammengebundenes Papier, auf dem die Namen einiger Schriftsteller standen, verbrannt. In der Ankündigung zur Radiosendung wurde darauf verwiesen: »Und heute steht abermals das Gericht über sie auf, und abermals schichtet der deutsche Bursch ihnen das Feuer der Vernichtung.« Der 1933 vor den Nazis nach Frankreich geflohene jüdische Jurist und Schriftsteller Alfred Kantorowicz nannte die Bücherverbrennung den »Stichtag der Barbarei«. Stichtag der Barbarei weiterlesen »

Systematisch ausgeplündert

geschrieben von Henning Bleyl

29. April 2023

Bremen: »Arisierungs«-Mahnmal zum Raub an jüdischer Bevölkerung im NS-Staat

Der Fokus des Mahnmals liegt auf der besonderen Rolle Bremens als Hafen- und Logistikstandort bei der »Verwertung« jüdischen Eigentums. Diese beruht zum Teil auf der erzwungenen Massenauswanderung jüdischer Familien über Bremerhaven. Insbesondere profitierte Bremen jedoch durch den Abtransport jüdischen Besitzes aus den besetzten Ländern Westeuropas (»Aktion M«). Maßgeblich beteiligt war der Speditionskonzern Kühne + Nagel, dessen Firmenjubiläum 2015 zum Auslöser einer von der taz initiierten Mahnmaldebatte wurde.

Kühne + Nagel bemühte sich erfolgreich um eine zentrale Rolle beim Abtransport jüdischen Eigentums, sowohl im Rahmen der »Aktion M« als auch in den südeuropäischen Hafenstädten. Die Internationalisierung der Firma erfolgte somit in den Fußstapfen der Wehrmacht: Das Netz von Niederlassungen in den eroberten Ländern diente als logistische Grundlage der Beraubung, parallel entwickelte das Unternehmen das Geschäftsfeld der Militärlogistik – in dem es bis heute eine führende Rolle spielt. Mit anderen Worten: Der wirtschaftliche Erfolg von Kühne + Nagel resultiert auch aus seiner Verwicklung in die Verbrechen Nazideutschlands. Systematisch ausgeplündert weiterlesen »

Abrechnung mit einem Mythos

geschrieben von Maurice Schuhmann

29. April 2023

Francesco Filippi korrigiert das Bild des italienischen Faschisten Benito Mussolini

Benito Mussolini, der italienische »Duce«, erfährt nach wie vor eine Mystifizierung und erhält einen teilweise auf Fehlinformationen beruhenden Persilschein. Mehr noch als in Deutschland, wo Ewiggestrige mit Sätzen wie »es war nicht alles schlecht, was Adolf Hitler tat. Er hat zum Beispiel die Autobahn gebaut« den nationalsozialistischen Terror relativieren, wird auch in Italien der Faschist Mussolini nach wie vor positiv umgedeutet. Die Mythen reichen von der Darstellung eines arbeiterfreundlichen Politikers, der das Kurzarbeitergeld einführte, über den »Feministen« Mussolini, auf den das Frauenwahlrecht zurückging, bis zum Bild des Beschützers von Jüd_innen und Muslim_innen. Diese Mythen sind nicht nur einfach falsch, sondern auch gefährlich. Nach wie vor haben seine Anhänger_innen, die diese Mythen verbreiten und zum Teil sicherlich selbst auch glauben, einen gewissen politischen Einfluss und treten in Form der (post-)faschistischen Partei Fratelli d’Italia immer noch selbst bei den Wahlen an. Im Mai steht der nächste Urnengang im Land an – und es wird sich zeigen, inwieweit die Italiener_innen Parteien aus jenem Spektrum ihr Vertrauen aussprechen.

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Nicht mal mehr eine Fassade

geschrieben von Jürgen Weber

29. April 2023

EU: Hohe Haftstrafen für Geflüchtete und Helfende auf dem Mittelmeer

Nicht im öffentlichen Fokus stehen beispielsweise Strafprozesse gegen Geflüchtete in Griechenland und Italien. Weil sie am Motor der Schlauch-boote saßen, wurden Schutzsuchende in Schnellverfahren zu drakonischen Strafen von oft über 100 Jahren Gefängnis verurteilt und inhaftiert. Das klingt unglaublich, ist aber vielfach belegt.

Wöchentlich finden solche Prozesse in Italien und Griechenland statt, nach Erhebungen der NGOs »Aegean Migrant Solidarity« und »borderline–europe« dauern diese Gerichtsverfahren durchschnittlich 38 Minuten und enden für die Angeklagten mit durchschnittlich 44 Jahren Haft. Die NGOs zählen mehrere Tausend inhaftierte Geflüchtete, die als »Schleuser« in den beiden EU-Ländern wie Schwerkriminelle einsitzen. Nicht mal mehr eine Fassade weiterlesen »

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