Zweifel und Argwohn

geschrieben von Kristin Caspary

6. Mai 2025

Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes

Die Hoffnung auf bessere Zeiten in Syrien lenkte den Blick schnell in die Richtung eines Mannes: Ahmed al-Scharaa, der die islamistischen Milizen Hai’at Tahrir asch-Sham (HTS) anführte und seit Ende Januar nun als Interimspräsident der Arabischen Republik Syrien fungiert. Sein Lebensweg ist gezeichnet durch die Mitgliedschaft in verschiedenen islamistischen Gruppierungen, über al-Qaida bis zur al-Nusra-Front. Entsprechend verhalten fielen viele internationale Reaktionen aus.

Er selbst begegnete diesen Bedenken schnell mit Distanzierung von seiner fundamentalistischen Vergangenheit und einem Bekenntnis zum Schutz der Minderheiten. Zweifel und Argwohn weiterlesen »

Zum Postfaschismus

geschrieben von Axel Holz

6. Mai 2025

Von Berlusconi zu Meloni: Neues Buch zeichnet Entwicklung der Rechten in Italien nach

Italien wählte 2022 Giorgia Meloni von der Partei Fratelli d’Italia zur Ministerpräsidentin. Die Postfaschistin hatte sich in der Corona-Krise als Unterstützerin der Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie positioniert. Meloni stellte sich gegen die ebenfalls extrem rechte Lega unter Matteo Salvini und war in dieser Auseinandersetzung tonangebend. Aber anders als bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich, wo sich ein Cordon sanitaire der Parteienlandschaft gegen den Durchmarsch von Marine Le Pens Rassemblement National gestellt hatte, gab es in Italien keinen Widerstand gegen die Inthronisierung der Postfaschistin. Meloni war 2006 mit nur 29 Jahren in das italienische Abgeordnetenhaus eingezogen, wurde dessen Vizepräsidentin und nach dem rechten Wahlsieg unter Berlusconi 2008 als Jugendministerin das jüngste Kabinettsmitglied in der Geschichte Italiens. Zum Postfaschismus weiterlesen »

Substanzieller Überblick

geschrieben von Gerhard Hoffmann

6. Mai 2025

Ulrich Schneiders Basiswissen zum Konzentrationslager Buchenwald

Umfangreich ist inzwischen die Reihe der Bücher, deren Inhalte sich dem früheren Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg nahe Weimar zuwenden. Neben erschütternden Zeitzeugenberichten erschienen im Laufe der Jahre nach der Selbstbefreiung der Häftlinge dieses KZ am 11. April vor 80 Jahren Romane, Biografien und eine Vielzahl von Sachbüchern, die unterschiedlichste Details des Geschehens auf dem Ettersberg in den Jahren 1937 bis 1945 behandeln.

Hier reiht sich jetzt eine Publikation des Historikers Ulrich Schneider ein: »Buchenwald. Ein Konzentrationslager«. Der Autor ist Generalsekretär der Fédération Internationale des Résistants (FIR) und war bis 2024 Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Substanzieller Überblick weiterlesen »

Angriffe trotz Einordnung

geschrieben von Ulrich Schneider

6. Mai 2025

Christliche Kirchen und NSDAP

In der Bewegung gegen AfD und Rechtsentwicklung in den vergangenen Monaten waren oftmals klare und deutliche Worte kirchlicher Institutionen aus dem protestantischen und katholischen Milieu zu hören. Es waren nicht nur die »üblichen Verdächtigen«, wie pax christi oder andere christliche Friedensinitiativen, sondern selbst die Deutsche Bischofskonferenz und evangelische Landeskirchen formulierten eine klare Haltung gegen die AfD und ihre menschenverachtende Ideologie. Dies ist auch insofern auffällig, da die Kirchen gegenüber dem aufkommenden Faschismus in der Weimarer Zeit eine deutlich andere Haltung an den Tag gelegt haben.

Die katholische Kirche könnte sich heute noch mit gewisser Berechtigung auf ihre ablehnende Haltung vor 1933 gegenüber der NSDAP berufen. Es gab im März 1931 einen Hirtenbrief der Bischöfe der Paderborner Kirchenprovinz, der die Mitgliedschaft von Katholiken in der NSDAP ausschloss. Auch die Verlautbarungen des Vatikans vor 1933 konnten für gläubige Katholiken als Verbot der Wahl der NSDAP und der Mitwirkung in der Nazibewegung verstanden werden. Der Katholizismus hatte es insofern leicht, als er selbst mit dem Zentrum eine eigene politische Partei besaß, und mit der Bayerischen Volkspartei eine süddeutsche Abspaltung, mit der gläubige Katholiken Einfluss auf die Politik nehmen konnten. Dass diese vatikanische Botschaft nicht bei allen Katholiken ankam, zeigen die Wahlergebnisse von 1930 und 1932, als zwar das Zentrum relativ stabil blieb, aber die NSDAP auch im katholischen Milieu aus dem Kreis der Nichtwähler eine große Zahl von Unterstützern gewinnen konnte. Angriffe trotz Einordnung weiterlesen »

Mut zur Auseinandersetzung

geschrieben von Steffen Butzkus, Projekt gedenkplaetze.info

6. Mai 2025

Projekt zu den Endphasenverbrechen in Sachsen: Letzte Tage im Zweiten Weltkrieg

Mit der Einnahme erster deutscher Städte durch die Alliierten und den Erfolgen der Roten Armee an der Ostfront, die nun vor Warschau stand, begann das letzte Kapitel der NS-Herrschaft in Europa. Aufgrund der ausweglosen militärischen Situation an den Fronten versuchte das faschistische Regime, seine Herrschaft durch Gewalt zu stabilisieren. Diese richtete sich vor allem gegen Zivilist:innen und Soldaten, die der Wehrkraftzersetzung oder der Fahnenflucht beschuldigt wurden, KZ-Häftlinge auf Todesmärschen sowie Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangene aus anderen Ländern. Diese Verbrechen werden auch als sogenannte Endphasenverbrechen bezeichnet.

Nach dem gescheiterten Attentat im Juli 1944 wurde die Ahndung von Straftaten innerhalb der Wehrmacht, die als politisch eingestuft wurden, an die sogenannten Sondergerichte übergeben. Diese Gerichte zeichneten sich dadurch aus, dass ihre Urteile vor allem politischer Natur waren und der Umsetzung der Interessen der NSDAP dienten. Ab Februar 1945 wurden die Befugnisse dieser Sondergerichte auch auf Zivilist:innen ausgeweitet. Insbesondere ab Winter 1944 nahmen die Verurteilungen aufgrund von »Wehrkraftzersetzung« oder Desertionen drastisch zu. Zudem verübten einzelne SS-Verbände immer wieder Verbrechen an Zivilist:innen, die versuchten, Soldaten vom Kampf abzubringen, zu früh weiße Fahnen an ihren Häusern anbrachten oder sich weigerten, bei der Errichtung von Befestigungsanlagen mitzuwirken. Mut zur Auseinandersetzung weiterlesen »

Deutsch-jüdische Verflechtungen

geschrieben von Bernd Hüttner

6. Mai 2025

Ein neuer Band dokumentiert eine Tagung des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden

Durch die Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion hat sich die Zusammensetzung der jüdischen Communities in Deutschland fundamental verändert. 2020 lebten hierzulande mehr als 275.000 Personen, die mindestens einen jüdischen Großelternteil, und davon 118.000, die nach orthodoxer Interpretation jüdischen Status hatten, von diesen wiederum waren knapp 94.000 Mitglied in den gut hundert Gemeinden (S. 174). Zudem leben heute geschätzt 20.000 Israelis in Deutschland, zwei Drittel davon in Berlin. Zum Vergleich: Ende der 1980er-Jahre lebten in Westdeutschland ungefähr 28.000 Jüdinnen sowie Juden in den überalterten Gemeinden, und in der DDR waren es nur noch wenige Hundert. Diejenigen, die in der frühen BRD jüdisches Leben wiederbegründet hatten, waren meist Displaced Persons gewesen oder deren Nachkommen.

Diese Entwicklung hat eine neue Diversität erzeugt, was jüdische Religion, Kultur und Selbstverständnis angeht. Sie hat immense Bedeutung für die Sichtbarkeit jüdischen Lebens ebenso wie für die Erinnerungsgemeinschaften und -politik. Es gibt eben nicht die eine, homogene deutsch-jüdische Geschichte, sondern komplexe Muster und Verflechtungen. Deutsch-jüdische Verflechtungen weiterlesen »

Latte hoch gelegt

geschrieben von Axel Holz

6. Mai 2025

Sich gegen Nazis zu stellen, erforderte Mut: Zum Film »Bonhoeffer«

Die US-Kinoproduktion »Bonhoeffer« unter der Regie von Todd Komarnicki läuft seit Mitte März in den deutschen Kinos und sorgte für einige Diskussionen. Das liegt auch daran, dass es der Regisseur mit der historischen Wahrheit nicht ganz so genau nimmt und diese Abweichungen als künstlerische Freiheit verkauft. So weit, so schlecht. Wenn aber dabei herauskommt, dass Dietrich Bonhoeffer angeblich mit Churchill in Verbindung stand und an Attentatsplänen auf Hitler direkt beteiligt war, sorgt dies für mehr als Stirnenrunzeln.

Bonhoeffer kannte über Hans von Dohnanyi solche Attentatspläne, war aber nicht an deren Umsetzung beteiligt. Im Film wird Bonhoeffer zum Kriegsende von den Nazis hinter einer Scheune auf einem Feld erhängt. Tatsächlich fand die Hinrichtung am 9. April 1945 nackt im Konzentrationslager Flossenbürg statt, wie dies in der Verfilmung des Stoffs mit Ulrich Tukur aus dem Jahr 2000 gezeigt wird, ohne dabei die Würde des Opfers zu verletzen. Der aktuelle Film hat aber auch Stärken darin, wie das Ringen Bonhoeffers mit seinen Entscheidungen und seinem Glauben dargestellt und seine Zweifel und Schwächen vermittelt werden. Latte hoch gelegt weiterlesen »

Unbedingter Drang

geschrieben von Janka Kluge

6. Mai 2025

»Feuerdörfer«: Überlebende berichten über die Wehrmachtsverbrechen in Belarus

50 Jahre, nachdem das Buch »Feuerdörfer« in der Sowjetunion erschienen ist, hat der Aufbau Verlag eine deutsche Ausgabe herausgebracht. Das Buch wurde von den Literaturwissenschaftlern und Schriftstellern Ales Adamowitsch, Janka Bryl und Uladsimir Kalesnik herausgegeben. Thomas Weiler bekam für die Übersetzung den Preis für die beste Übersetzung der Leipziger Buchmesse verliehen.

Der Titel steht für die Dörfer in Belarus, die von den Nazis niedergebrannt worden sind. Zuerst als sogenannte Strafaktionen bei Unterstützung von Partisanen, später als Teil der im Generalplan Ost vorgesehenen Vernichtung der slawischen Bevölkerung. Die drei Buchautoren waren selbst Überlebende des Holocaust und allesamt Partisanen. Die Slawistin und Kulturwissenschaftlerin Nina Weller beschreibt in einem Nachwort exklusiv für die deutsche Ausgabe, das als Vorwort sicher geeigneter gewesen wäre, ihre Motivation, für das Buch zu schreiben: »Alle drei verband die Erfahrung des Krieges und des Partisanenkampfs sowie der unbedingte Drang, die traumatisierenden Erinnerungen der belarussischen Zivilbevölkerung als Teil des kollektiven belarussischen Gedächtnisses in die sowjetische Literatur zu integrieren.« (S. 577) Unbedingter Drang weiterlesen »

Beginn der Organisierung

geschrieben von Peter Nowak

6. Mai 2025

Die Geschichte der spanischen Antifa in einem neuen Buch

Der Film »Antifa – Schulter an Schulter, wo der Staat versagte« (siehe antifa-Ausgabe September/Oktober 2024) hat im vorigen Jahr viel Aufmerksamkeit erfahren. Zudem hat die Doku einen Anstoß für eine Beschäftigung mit der Geschichte der antifaschistischen Bewegung seit 1989 in Deutschland gegeben.

Miquel Ramos hat mit seinem Buch »Antifascistas« eine Geschichte der antifaschistischen Bewegung Spaniens von den frühen 1990er-Jahren bis heute vorgelegt, mit dem sich Vergleiche zum Film ziehen lassen. In Spanien ist das Buch schon vor einigen Jahren erschienen, jetzt hat der Bahoe-Verlag es in deutscher Sprache herausgebracht. Ramos war seit frühester Jugend in der antifaschistischen Bewegung Spaniens aktiv und befasst sich seit vielen Jahren auch als Wissenschaftler und Journalist intensiv mit der rechten Szene im Land.

Für sein Buch hat er auf Berichte, Bücher und Artikel von Freund*innen und Kolleg*innen zurückgegriffen, die oft eine ähnliche politische Sozialisation erfahren haben. Sie waren oder sind teils über eine lange Zeit antifaschistische Aktivist*innen oder auch Wissenschaftler*innen und Journalist*innen, manche auch Politiker*innen linker Parteien. Beginn der Organisierung weiterlesen »

Demokratieatlas

6. Mai 2025

Amadeu-Antonio-Stiftung veröffentlicht Leitfaden für Engagement gegen Rechts

Im Netz unter amadeu-antonio-stiftung.de

Im Netz unter amadeu-antonio-stiftung.de

Die Amadeu-Antonio-Stiftung hat im Januar 2025 ihren Demokratieatlas veröffentlicht – ein umfangreicher Leitfaden für Menschen, die sich gegen Rechts engagieren wollen. Der Titel täuscht allerdings etwas: Statt geografischer Karten erwartet Nutzer:innen vor allem ein interaktiver Zeitstrahl, der rechte Gewalt, Netzwerke von Akteuren und Strategien entlang aktueller Ereignisse aufzeigt. Ergänzt wird dies durch Dossiers zu Themen wie »Milieus«, »Taktiken« oder »Zivilgesellschaft stärken«, die zentrale Begriffe erklären und konkrete Handlungsmöglichkeiten vorstellen. Der Atlas richtet sich dabei nicht nur an Engagierte aus der Zivilgesellschaft, sondern explizit auch an Verwaltung, Politik und Bildung. Neu ist die zugängliche, modulare Aufbereitung: Der Atlas kombiniert aktuelle Analysen mit Praxisbeispielen und stellt sie in einer Form dar, die Einsteiger:innen wie Erfahrenen Orientierung bieten soll. Damit ist er weniger ein klassisches Nachschlagewerk als ein Werkzeugkasten für den antifaschistischen Alltag.​

(red)

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