Auf den Spuren der Interbrigadisten

5. September 2013

Ines Schwerdtner, Teilnehmerin einer antifaschistischen Reise durch
Katalonien

Juli-Aug. 2011

antifa: Was machst du zur Zeit?

Ines Schwerdtner: In diesem Moment sitze ich in einem kleinen New Yorker Apartment und bereite mich auf ein Planspiel der Vereinten Nationen vor. Aber grundsätzlicher: Ich studiere Politikwissenschaft und Englische Philologie an der Freien Universität in Berlin.

antifa: Wenn du an die Reise auf den Spuren der Interbrigadisten im Jahr 2007 zurückdenkst, welches Erlebnis fällt dir zuerst ein?

Ines Schwerdtner: Das ist schwer zu sagen, weil mich viele Ereignisse noch länger beschäftigt haben, aber mir fällt zuerst der Besuch der Maternité in Elne ein. Die Bilder und die Geschichten, die wir in dieser Geburtsklinik während eines kalten und regnerischen Tages sehen und hören konnten, waren sehr erschütternd und ergreifend.

antifa: Wie würdest du die gesamte Reise in wenigen Stichworten beschreiben?

Ines Schwerdtner: Eine Reise, bei der zwölf Jugendliche aus ganz Deutschland in zehn Tagen die Chance bekamen sehr facettenreiche Eindrücke vom gegenwärtigen Katalonien aber vor allem auch von der Geschichte, der Kultur und den Menschen dort zu bekommen.

antifa: Wie bist du auf den Wettbewerb aufmerksam geworden?

Ines Schwerdtner: Mein Geschichtslehrer sprach unsere Arbeitsgemeinschaft zum Thema Antifaschismus (kurz: Antifa-AG) auf den Wettbewerb von Gesine Lötzsch an und wir schrieben in einer Nacht gemeinsam an der Bewerbungsmappe. Wir haben gar nicht damit gerechnet ausgewählt zu werden und waren entsprechend euphorisch.

antifa: Was hast du etwa bei der Besichtigung des Ehrenhains der Interbrigadisten empfunden?

Ines Schwerdtner: Die meiste Zeit fühlte ich mich ziemlich bedrückt. Das lag vor allem auch an dem trüben Wetter, was uns die ganze Reise über verfolgte. Die Geschichten, die wir hörten, handelten oft von grausamen Taten und unvorstellbaren Einzelschicksalen aus der Zeit des Bürgerkrieges. Beim Besuch des Ehrenhains setzte sich jede/r ganz individuell mit einem gefallenen Interbrigadisten auseinander und ich empfand eine Art Stolz als ich nun endlich mit »meiner« Plakette einem mutigen Menschen gedenken konnte. Insbesondere für uns Jugendliche waren Themen wie der Spanische Bürgerkrieg oder die faschistische Diktatur Francos noch sehr fremd und wir haben uns in kurzer Zeit sehr intensiv damit beschäftigt. Das waren manchmal wirklich sehr viele Eindrücke und neue Informationen an einem Tag für uns.

Auf der anderen Seite haben wir aber auch so viele herzliche und fröhliche Menschen getroffen mit denen wir abends gesungen, gegessen und gefeiert haben. Das war dann oft sehr befreiend und einfach schön. Vor allem unser großartiger Reiseführer Jordi füllte jeden Tag mit viel Lebensfreude und Menschlichkeit, was uns allen bei der bedrückenden Atmosphäre gut tat.

antifa: Hast du Überlebende getroffen?

Ines Schwerdtner: Ja, und vermutlich haben wir zu diesem Zeitpunkt gar nicht richtig realisieren können wie einzigartig die Möglichkeit war mit ihnen zu sprechen. Jordi übersetzte uns immer mit Herzblut diese besonderen Geschichten, die wir nur allzu selten ganz nachvollziehen konnten. Das waren immerhin Menschen, die in unserem Alter für etwas kämpften und auch ihr Leben geben wollten für die Dinge, die uns heute so vertraut und natürlich erscheinen – Freiheit und Demokratie.

antifa: Du hast die Interbrigadisten kennengelernt als Menschen, die…

Ines Schwerdtner: …sehr mutig und aus Überzeugung und Glauben an die Republik heraus handelten. Wir konnten ihnen gar nicht genug Respekt für dieses Engagement entgegen bringen. Sie sprachen von ihren Ängsten und Hoffnungen und gaben uns so ein bisschen das Gefühl, Teil dieser Zeit gewesen zu sein.

antifa: Bist du politisch aktiv?

Ines Schwerdtner: Ja, ich engagiere mich bei der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft für eine gerechtere Bildungspolitik.

antifa: Wie hat die Reise dich in deinem politischen Denken beeinflusst?

Ines Schwerdtner: Viele anregende Diskussionen mit den anderen und auch die Erlebnisse in Katalonien haben mich darin bestärkt, dass wir uns als junge Menschen mit der Geschichte befassen müssen und ganz unterschiedlich daran Anteil haben können unsere Umgebung toleranter und solidarischer zu gestalten. Das hat mich dann anschließend für unsere Arbeitsgemeinschaft an der Schule und auch darüber hinaus motiviert, Schülerinnen und Schüler mit politischen und historischen Themen vertraut zu machen.

antifa: Eine weitere antifaschistische Fahrt würde dich führen nach…?

Ines Schwerdtner: ..Polen denke ich. Das wäre sicherlich eine ebenso eindringliche Erfahrung.

antifa: Leider gibt es das Angebot, das du noch nutzen konntest, heute nicht mehr in dieser Form…

Ines Schwerdtner: Was wirklich schade ist, denn ich sehe mir auch heute noch häufig die Fotos an und spreche gern mit anderen Menschen über diese Reise. Ich würde viel mehr jungen Menschen eine solche Erfahrung wünschen.

antifa: Und was willst du zukünftig machen?

Ich schätze von der Bildungspolitik komme ich nun nicht mehr so richtig los. Aber erst einmal studiere ich ein Jahr in Norwegen und werde danach sehen, womit ich mich weiterhin beschäftigen möchte.